Widersprechen statt weghören: Land stellt sich gegen Antisemitismus
Am Donnerstag ist die Kampagne "Niedersachsen gegen Antisemitismus" gestartet. In den sozialen Medien und der Öffentlichkeit soll sie auf Hass gegen Juden aufmerksam machen und ein Umdenken bewirken.
Die Kampagne des Landes Niedersachsen wurde am Donnerstag im Landtag in Hannover vorgestellt. "Es ist offenkundig, dass wir in unserer Gesellschaft ein Problem mit Antisemitismus haben", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Der Hass werde zum Teil offen, zum Teil verdeckt geäußert. "Da ist es gut, wenn man man zeigt: Es gibt eine breite gesellschaftliche Mehrheit, die sieht das ganz anders", so Weil.
Mit Postings in den sozialen Medien und im öffentlichen Raum soll die breite Öffentlichkeit erreicht und auf Antisemitismus im Alltag aufmerksam gemacht werden. So sollen die Menschen zum Widersprechen ermutigt werden, wenn sie antisemitische Aussagen hören.
Antisemitismus im Alltag
Die Kampagne benennt typische Situationen im Alltag, in denen antisemitische Aussagen fallen. Öffentlich sollen Aussagen wie "Ich bin ja kein Nazi, aber..." oder "Ich habe jüdische Freunde, die stört das nicht..." problematisiert werden. Unter dem Motto "Antisemitismus beginnt im Alltag. Widersprechen statt weghören" sollen die Menschen auf eigenes und fremdes antijüdisches Verhalten hingewiesen und zur Auseinandersetzung motiviert werden, sagt Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter Gerhard Wegner dem NDR.
Antisemitismus-Beauftragter: "Judenhass bedroht die Demokratie"
Herkömmliche Formen der Aufklärung und Bildung erreichten nur kleine Teile der Bevölkerung, so Wegner. Angesichts der wachsenden Bedrohung jüdischen Lebens durch einen sich weiter ausbreitenden Antisemitismus müsse "dringend eine neue Qualität im Kampf gegen Judenhass erreicht werden". Jeder solle darauf hingewiesen werden, dass Judenhass das Zusammenleben und die Demokratie in Deutschland elementar bedrohe, betont Wegner.
Steigender Judenhass seit Angriff der Hamas auf Israel
Seit dem 7. Oktober 2023 sei der Hass gegen Jüdinnen und Juden massiv angewachsen und müsse mit entschiedenen Maßnahmen in seine Grenzen gewiesen werden. Spätestens der Anschlag auf die Synagoge in Oldenburg habe gezeigt, dass die Zeit des "reinen Redens" vorbei sei, so Wegner. Am 5. April war ein Brandsatz gegen eine Tür der Synagoge in Oldenburg geworfen worden. Zwei Hausmeister eines benachbarten Kulturzentrums entdeckten das Feuer und löschten es. Niemand wurde verletzt. Anfang Mai fahndeten die Ermittler öffentlich nach einem Verdächtigen, der von einer Überwachungskamera gefilmt worden war.
Zunächst ist die Kampagne bis Ende 2024 angesetzt, sie soll aber nach Angaben von Wegner im Jahr 2025 fortgesetzt werden.