Versuchter Mord mit Rattengift: Musiker zu Haftstrafe verurteilt
Wegen versuchten Giftmordes und gefährlicher Körperverletzung muss ein 62-Jähriger ins Gefängnis: Das Landgericht Hannover verurteilte ihn am Montag zu einer Haftstrafe von sechseinhalb Jahren.
Der ehemalige Musiker des Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchesters hatte nach Überzeugung des Gerichts im September 2022 in einem Seniorenheim in Hannover Rattengift in Lebensmittel seiner 93 Jahre alten Mutter gemischt. Drei Tage später reichte er zwei Kollegen auf einer Konzertreise einen Knoblauchdip mit dem Gift. Alle Opfer überlebten die Anschläge, erlitten aber Blutgerinnungsstörungen, an denen sie hätten sterben können. Die Verteidigung kündigte nach dem Urteil Revision an. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung für den Mann gefordert.
Motiv: Musiker fühlte sich gemobbt
Den Anschlag auf die Mutter wertete das Gericht als versuchten Mord, das an die Musikerkollegen verabreichte Gift wurde aufgrund einer geringen Dosis als gefährliche Körperverletzung gewertet. Der 62-Jährige sei "das Bindeglied dieser Fälle", sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht Hannover am Montag. Im Fall der Mutter sei das Motiv gewesen, dass der Mann verzweifelt über deren gesundheitlichen Zustand gewesen sei. Bei ihr sei zuvor unter anderem Demenz diagnostiziert worden. Den beiden Musikerkollegen habe er einen Denkzettel verpassen wollen, weil der Angeklagte sich unter anderem zunehmend gemobbt gefühlt habe, so das Gericht.
Angeklagter hatte Rattengift im Internet bestellt
Der Angeklagte hatte Rattengift im Internet bestellt. Der Orchestermusiker nahm das Urteil am Montag gefasst auf. Die Ermittler waren ihm auf die Spur gekommen, als sie nach dem Giftanschlag auf die Mutter eine bundesweite Abfrage nach ähnlichen Fällen gestartet hatten. Der Musiker war aufgefallen, weil er das Rattengift Brodifacoum im Internet bestellt hatte. Im Prozessverlauf hatte der 62-Jährige immer wieder seine Unschuld beteuert. Er sprach davon, dass er seine "geliebte Mutter" niemals habe töten wollen. Das Verhältnis zu seinen beiden Orchesterkollegen beschrieb er als eng. Allerdings habe er an Depressionen und Suizidgedanken gelitten. Etwaige Mordpläne mithilfe von Rattengift habe er aufgegeben und das Gift Brodifacoum ungeöffnet in der Mülltonne entsorgt.
Der Mann musste sich seit Anfang September vor Gericht verantworten - bereits zum zweiten Mal. Die erste Hauptverhandlung war wegen einer erkrankten Richterin ausgesetzt worden.