Dunkle Wolken ziehen über ein VW-Logo © picture alliance / dpa Foto: Julian Stratenschulte

VW-Krise: Kann der Aufsichtsrat die Sparpläne ausbremsen?

Stand: 26.11.2024 15:27 Uhr

Die VW-Spitze will möglicherweise mehrere deutsche Werke dicht machen. Das müssten am Ende auch das Land Niedersachsen und der Betriebsrat im Aufsichtsrat abnicken. Die haben aber andere Interessen.

von Hilke Janssen

Sitzungen des VW-Aufsichtsrats sind eine diskrete Angelegenheit. Dass sie überhaupt stattfinden, wird im Vorfeld solcher Termine von Volkswagen höchst ungern eingeräumt. Was darin besprochen wird, dringt nur selten an die Öffentlichkeit. Die 20 Mitglieder des Gremiums sind per Gesetz zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Aufgabe: Den VW-Konzern kontrollieren, die Entscheidungen des Vorstands überwachen. Und: Für weitreichende Entscheidungen grünes Licht geben.

VW: Schärfste Vorstands-Kritikerin sitzt im Aufsichtsrat

Die Volkswagen-Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo gibt ein Pressestatement ab. © NDR
Betriebsratschefin Daniela Cavallo stemmt sich gegen die Sparpläne des Managements. (Archivbild)

Die Machtstruktur in dem Kontrollgremium ist speziell. In keinem anderen deutschen Großkonzern haben Arbeitnehmer und Politik so viel Einfluss wie in Wolfsburg. Allein neun Plätze im Aufsichtsrat besetzen Betriebsrat und IG Metall. Prominenteste Vertreterin ist Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo. Sie ist diejenige, die sich in der aktuellen Auseinandersetzung am schärfsten gegen die Sparpläne des Managements stemmt. Mit ihr seien Werksschließungen und Entlassungen nicht zu machen, betont Cavallo seit Wochen kampfeslustig. Dass sie von den Sparplänen des Unternehmens überrascht wurde, ist allerdings unwahrscheinlich. Im Aufsichtsrat dürfte die wirtschaftliche Lage von VW und die Folgen im Laufe des Jahres längst Thema gewesen sein.

Land und Arbeitnehmer mit Mehrheit

Auch die Politik sitzt mit am Entscheidungstisch des Autokonzerns: Weil das Land Niedersachsen zweitgrößter Anteilseigner an Volkswagen ist, sind Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Grüne) im Aufsichtsrat vertreten. Die Besonderheit: Gemeinsam haben das Land und die Arbeitnehmer mit elf Stimmen eine Mehrheit im VW-Aufsichtsrat. Sie können so Entscheidungen des Weltkonzerns blockieren. Die Diskussion, ob das für das Unternehmen schädlich oder förderlich ist, ist nicht neu - kocht in der Krise aber wieder einmal auf.

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Viele Interessen bei VW: Fluch oder Segen

Als schwierig bewertet der Analyst Ingo Speich von Deka Investment die besondere Konstellation im VW Aufsichtsrat. Der VW-Vorstand müsse ständig die Interessen von Gewerkschaften, Politik und den Eigentümerfamilien berücksichtigen. "Das unter einen Hut zu bringen, hat schon dem einen oder anderen Vorstandschef das Leben schwer gemacht", so Speich im NDR Interview. Ganz anders sieht das der Automotive-Experte Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) Hannover. Die Mitbestimmung bei Volkswagen habe sehr lange sehr gut funktioniert, so Schwope im NDR. VW habe Krisen bisher oft besser überstanden als andere Autobauer.

Land Niedersachsen in der Zwickmühle

Das Land Niedersachsen steckt in der aktuellen Krise in einem besonderen Interessenskonflikt: Die beiden Aufsichtsratsmitglieder Weil und Hamburg sind als Regierungspolitiker dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. Gleichzeitig sind sie als Mitglieder im VW Aufsichtsrat dem Wohl des Autokonzerns verpflichtet. Ein Arbeitsplatzabbau könnte zwar unternehmerisch sinnvoll sein, politisch für die Landesregierung aber eine Katastrophe. Man wolle, so hat es Ministerpräsident Weil kürzlich diplomatisch formuliert, zu einer Lösung beitragen, "mit der das Unternehmen gut in die Zukunft blicken kann, mit der aber auch die Betroffenen gut leben können."

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Lösung der VW-Krise noch nicht in Sicht

Die Krise bei Volkswagen wird sich wohl noch über Wochen hinziehen. Zurzeit streiten sich Unternehmen und Gewerkschaft IG Metall noch in der Tarifrunde über Fragen von Lohn und Arbeitszeiten. Eine Lösung ist aktuell noch nicht absehbar. Über mögliche Werksschließungen und Kündigungen wird wohl erst im Anschluss verhandelt. Dass alle VW-Werke in Niedersachsen erhalten bleiben, will die Landesregierung als Vermittlerin zwar möglichst erreichen. Versprechen kann sie es aber nicht. Automobil-Experte Schwope von der FHM vermutet, dass es über den Aufsichtsrat Präferenzen gibt: Wahrscheinlich falle es dem Land "leichter, ein Werk im Ausland zu schließen als in Niedersachsen."

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