Staatsgerichtshof entscheidet zu Landtags-Neuwahl
Der Staatsgerichtshof in Bückeburg will darüber entscheiden, ob die Landtagswahl von 2022 wiederholt werden muss. Es geht um eine angeblich unrechtmäßige AfD-Landesliste.
"Wir sehen der Urteilsverkündung gelassen entgegen", hatte AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann nach der mündlichen Verhandlung des Staatsgerichtshofs im Oktober gesagt. Es habe "keine wahlrechtlich relevanten Unstimmigkeiten" gegeben. Der ehemalige FDP-Landtagsabgeordnete Marco Genthe und Parteifreund Alexander Grafe als Antragsteller monieren, dass die AfD aus ihrer Sicht gar nicht erst zur Landtagswahl hätte zugelassen werden dürfen. Die Liste der AfD wurde auf einer Delegiertenversammlung beschlossen. Die Satzung der Partei hat das zur damaligen Zeit aber nicht vorgesehen. Vielmehr hätten alle Mitglieder befragt werden müssen. "Das ist keine Petitesse", sagt Genthe im Gespräch mit dem NDR Niedersachsen. "Die Wählerinnen und Wähler müssen in Niedersachsen neu entscheiden."
Geld für aussichtsreiche Listenplätze gezahlt?
Es ist nicht der einzige Verstoß, den die beiden Liberalen sehen. Auch der Vorwurf um eine sogenannte "Kriegskasse" nähre den Verdacht, dass die Liste rechtswidrig sei. Konkret geht es um den Vorwurf, dass AfD-Politiker teilweise mehrere tausend Euro für einen aussichtsreichen Listenplatz bezahlt haben sollen. Der damalige AfD-Politiker Christopher Emden hatte behauptet, Ansgar Schledde, inzwischen AfD-Landeschef, würde Geld für aussichtsreiche Listenplätze bei den damals anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen fordern.
Ex-AfD-Politiker Emden: Hätte es auch in bar zahlen können
Im April äußerte Emden diese Vorwürfe erneut im Interview mit dem NDR Niedersachsen: "Mir wurde damals angeboten, einen Betrag von 4.000 Euro zu zahlen, um die Unterstützung für die Aufstellung zur nächsten Landtagswahl zu bekommen." Die Kontoverbindung für die "Kriegskasse" sei die von Schledde gewesen, sagt Emden. "Ich hätte es aber auch in bar zahlen können." Emden entschied sich dagegen und machte die mutmaßliche "schwarze Kasse" öffentlich. Es folgte eine Unterlassungsklage gegen ihn. Der Staatsgerichtshof präsentierte eine Übersicht von Konto-Einzahlungen durch sechs aktuelle AfD-Landtagsabgeordneten auf das fragliche Konto. Dabei gehe es um insgesamt mehr als 40.000 Euro - teils mit Verwendungszwecken wie "Ausgleich Aktionskasse" oder "K-Kasse". Fünf der AfD-Abgeordneten hatten ebenfalls im April dazu eine Erklärung abgegeben.
Landgericht Verden hält Vorwürfe für plausibel
Im März dieses Jahres stellte das Landgericht Verden fest: Emdens Vorwürfe seien glaubhaft. Das Urteil liegt dem NDR Niedersachsen vor. Schledde hatte dagegen Rechtsmittel eingelegt. Das Oberlandesgericht Celle hatte im November schließlich ein Versäumnisurteil zu Schleddes Gunsten gesprochen, weil Emden unentschuldigt bei dem Prozess gefehlt hat. Emden wiederum hat gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt. Der Prozess wird deshalb vor dem Oberlandesgericht Celle im Februar 2025 neu aufgerollt. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover wegen der schwarzen Kasse gegen AfD-Chef Schledde. Der Vorwurf: ein Verstoß gegen das Parteienrecht. Schledde bestreitet die Vorwürfe.
Staatsgerichtshof verhandelt weitere Klage
FDP-Politiker Genthe sieht sich indes bestätigt: "Dass das Landgericht Christopher Emden für glaubhaft hält, ist ein deutliches Zeichen." Zuvor hatten weder die Landeswahlleiterin noch der Landtag Verstöße festgestellt. Aus Sicht der Landeswahlleitung seien die Vorwürfe zum "Stimmenkauf" nicht schlüssig. Die Klage von Genthe und Grafe ist nicht die einzige, die am Staatsgerichtshof verhandelt wird. Das Gericht muss außerdem darüber entscheiden, ob die Wahlkreise bei der Landtagswahl richtig zugeschnitten waren. Grund dafür sind veränderte Einwohnerzahlen.