Razzia bei AfD Niedersachsen: Andere Parteien reagieren entsetzt
Die AfD weist die Vorwürfe zurück, gegen das Parteienrecht verstoßen zu haben. Die Partei spricht von einer "Schmutzkampagne". SPD, Grüne und CDU im Landtag sehen dagegen einen gezielten Bruch demokratischer Regeln.
Die Razzia in der AfD-Parteizentrale in Hannover sorgt am Mittwoch auch im Niedersächsischen Landtag für Wirbel. SPD, Grüne und CDU kritisieren den Umgang der Partei mit demokratischen Regeln. Ermittlerinnen und Ermittler durchsuchten am Vormittag die Geschäftsstelle der AfD wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen das Parteienrecht. Im Fokus der Ermittlungen: der AfD-Landtagsabgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende Ansgar Schledde.
Ermittler prüfen: Wurden "Spenden auf privaten Konto vereinnahmt"?
"Es sollen Spenden auf einem privaten Konto vereinnahmt und nicht unverzüglich an die Partei weitergeleitet worden sein", sagte Hannovers erste Staatsanwältin Kathrin Söfker. Diese Gelder sollen für Parteizwecke verwendet worden sein. "Die Gelder tauchen nicht im Rechenschaftsbericht der AfD auf", so Söfker. Nach Informationen des NDR Niedersachsen und der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" handelt es sich um rund 48.000 Euro, die mit klarem AfD-Bezug auf Schleddes Privatkonto eingegangen sein sollen. Auf das Konto sollen demnach unter anderem Abgeordnete Zahlungen geleistet haben, die inzwischen im Landtag oder im Bundestag sitzen. Der frühere AfD-Abgeordnete Christopher Emden hatte Schledde vorgeworfen, Listenplätze für die Bundestagswahl 2021 und die Landtagswahl 2022 verkauft zu haben.
Systematischer Verstoß gegen Regeln der Demokratie?
Grünen-Fraktionschefin Anne Kura reagierte entsetzt auf die Vorwürfe und nennt den Verdacht schwerwiegend: "Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, hat Schledde gezielt und systematisch gegen die Regeln unserer Demokratie verstoßen." Der Fall Schledde müsse umgehend aufgeklärt und umfassend aufgeräumt werden. Menschen, die gegen das Parteienrecht verstoßen, dürften nicht Teil des Landtags sein. "Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, ob und welche AfD-Abgeordnete Teil eines Systems möglicherweise illegaler Parteienfinanzierung sind." Gegen keine Fraktion in der Geschichte des Niedersächsischen Landtages seien in so kurzer Zeit so viele Ermittlungen geführt worden wie gegen die derzeitige AfD-Fraktion, sagt Kura.
SPD: AfD muss Vorwürfe lückenlos aufklären
Auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Grant Hendrik Tonne, findet klare Worte: "Das passt in ein Gesamtbild einer Partei, die sich um unsere Demokratie nicht schert und die ganz offensichtlich auch ein Problem hat mit Gesetzen, mit Grundlagen und mit Rechtssätzen, die wir haben." Die AfD sei nun in der Verantwortung, die Vorwürfe lückenlos aufzuklären. Dass der Landesvorsitzende Frank Rinck von einer "Schmutzkampagne" spricht, hält Tonne für nicht haltbar. "Unsere Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten basierend auf harten Fakten", sagt der SPD-Fraktionschef. Es gelte auch, die Vorwürfe zu widerlegen, dass sich AfD-Mitglieder Listenplätze kaufen konnten. Die AfD bestreitet das vehement.
CDU: Institution Landtag darf nicht beschädigt werden
Ähnlich argumentiert auch der CDU-Landtagsabgeordnete Marco Mohrmann: "Das spricht gegen alle Prinzipien eines demokratischen Verfahrens, wie man an einen Listenplatz kommt." Mohrmann ist überzeugt, es gehe auch darum zu verhindern, dass die Institution Landtag beschädigt wird. Solche Vorwürfe belasteten "das Vertrauen der Menschen in das Parlament".
FDP fordert Wiederholung der Wahl
Der vom ehemaligen AfD-Abgeordneten Christopher Emden erhobene Vorwurf, man habe sich Listenplätze für die Aufstellung zur Landtagswahl 2022 kaufen können, ist auch der Grund für ein Wahlprüfungsverfahren vor dem niedersächsischen Staatsgerichtshof. Antragssteller sind die FDP-Politiker Marco Genthe und Alexander Grafe. Sie fordern eine Wiederholung der Wahl. "Der Staatsgerichtshof ist aufgefordert, jetzt schnell zu handeln. Entscheidungen des in Teilen verfassungswidrig gewählten Landtages bleiben zwar wirksam, leiden aber aus demokratischer Sicht unter einem Legitimationsdefizit", schreiben die beiden Liberalen in einer Pressemitteilung. Eine Sprecherin des Staatsgerichtshofes in Bückeburg bestätigte, dass es eine Verhandlung geben werde - allerdings nicht vor dem Herbst.