Seltene Funde an der Nordsee: Kehren verschwundene Arten zurück?

Stand: 04.04.2024 10:06 Uhr

Seepferdchen, Schildkröten und Rochen: Viele seltene Arten wurden zuletzt häufiger in der Nordsee gesichtet. Forschende wollen mit Hilfe einer App und Spaziergängern am Strand Daten über die Tiere sammeln.

Immer wieder werden eigentlich verschwundene Tierarten im Spülsaum der Nordsee entdeckt. So sind seit dem Jahr 1949 knapp 100 Fundmeldungen Kurzschnäuziger Seepferdchen erfasst worden, wie Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer mitteilt. Davon stammen 53 aus Niedersachsen, 18 aus den Niederlanden, 15 aus Schleswig-Holstein, 9 aus Dänemark sowie 3 aus der offenen Nordsee. Dabei sind die Tiere seit den 1930er-Jahren eigentlich nicht mehr heimisch im Wattenmeer.

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Ein totes, herangespültes Seepferdchen liegt im Sand. © Screenshot
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Kehrt der Nagelrochen in die Nordsee zurück?

Im vergangenen Winter wurde je eine Meeresschildkröte auf den Nordsee-Inseln Norderney und Amrum sowie zwei auf Sylt gesichtet. Das seien so viele wie in den 15 Jahren zuvor, erklärt der Biologe. Zudem wurde im September eine tote Lederschildkröte aus der Nordsee vor Schleswig-Holstein geborgen. Borcherding betont zwar, dass diese Einzelfunde natürlich mit Vorsicht zu genießen sind. Sie seien aber Indizien, die auf Tendenzen hinweisen können. So zeigen auch Funde des Nagelrochens, dass die Art Potenzial hat, sich in dem Lebensraum anzusiedeln. Das Tier war um das Jahr 1970 wegen Überfischung aus dem Wattenmeer verschwunden, in den Jahren 2016, 2017 und 2020 gab es jedoch wieder einzelne Funde.

Strandspaziergänger sollen Funde im Spülsaum melden

Um mehr über die Herkunft der Arten zu erfahren, werden Spaziergänger aufgerufen, Funde im Spülsaum zu melden. Das geht zum Beispiel über den "Beach Explorer", der vom Bundesamt für Naturschutz gefördert wird. Ziel ist es, über Jahre hinweg zu ermitteln, wo welche Dinge angespült werden und ob sich die Häufigkeit mit dem Klima oder mit Meeresschutzmaßnahmen ändert.

Was ist der "Beach Explorer"?

Der "Beach Explorer" ist zum einen eine digitale Bestimmungshilfe für mehr als 1.500 Arten von Strandfunden der Nordseeküste. Benutzerinnen und Benutzer haben zudem die Möglichkeit, ihre Funde in einer Datenbank hochzuladen. Durch jeden gemeldeten Fund werde der "Beach Explorer" aussagefähiger, sagt Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer. "Mit mehr als 50.000 Datensätzen können wir bereits viele Veränderungen dokumentieren und bewerten. Das hilft der Wissenschaft und auch dem Naturschutz." Es gibt eine Qualitätskontrolle mit der sichergestellt wird, dass die Funddaten des "Beach Explorers" auch für wissenschaftliche Auswertungen nutzbar sind.

Seepferdchen-Funde geben Forschern Rätsel auf

Denn die Funde geben den Forschenden noch immer Rätsel auf. Beispielsweise ist bei den Seepferdchen noch immer ist nicht geklärt, woher die seltenen Tiere stammen oder ob es möglicherweise feste Populationen in der Nordsee gibt. "Die Funde zeigen, dass Seepferdchen in den Spülsäumen im Wattenmeer häufiger werden", sagte Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Wattenmeerbüros. "Auch wenn die Tiere immer noch selten sind, so ist das doch ein Anlass zur Freude. Wir wissen aber noch nicht, ob sich die Seepferdchen schon bei uns im Wattenmeer angesiedelt haben, oder ob sie durch Stürme von anderen Küsten angetrieben werden."

Forschungsprojekt sucht seit 2022 nach Seepferdchen

In den Jahren 2022 bis 2024 waren zuletzt immer häufiger Seepferdchen an der Nordsee gefunden worden. 70 der insgesamt 98 Meldungen stammen aus den letzten drei Jahren. Seit 2022 suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen eines Forschungsprojekts nach angespülten, leblosen Tieren, um mehr über die Herkunft der Tiere zu erfahren. Seitdem sollen auch Strandspaziergänger ihre Funde melden und bei den Nationalpark-Häusern abgeben. Dort werden die Tiere eingefroren und ans Festland gebracht. In Schleswig-Holstein werden Finder dazu aufgerufen, die leblosen Seepferdchen zu fotografieren und mit Daten zum Fundort und -zeit entweder an den WWF oder im "Beach Explorer" hochzuladen.

Noch ist die Datenlage laut der Forschenden zu gering, um Aussagen über das Vorkommen zu treffen. Geplant ist außerdem, dass die gefundenen Seepferdchen genetisch an der Universität Kiel untersucht werden. So soll bestimmt werden, aus welcher Population die Tiere stammen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 02.04.2024 | 21:45 Uhr

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