Petition zu Freiwilligendienst vor Ausschuss: "Perfekt gelaufen"
Der Bundesfreiwilligendienst soll attraktiver werden, fordern Nelly Schrader und ihre Mitstreiterinnen. 100.000 Menschen haben ihre Petition unterschrieben. Am Montag war sie Thema im Bundestags-Petitionsausschuss.
"Wir wollen hauptsächlich versuchen, die Kürzungen zu verhindern", sagte die Initiatorin der Petition Nelly Schrader am Montag. "Unser Grundbaustein war ja, den Freiwilligendienst attraktiver zu machen, um mehr Jugendliche dazu zu kriegen, einen Freiwilligendienst aus eigener Hand zu machen - sodass wir keinen Pflichtdienst einführen müssen." Dann kam aber im Juli die Nachricht, dass die Bundeszuschüsse zum Freiwilligendienst gekürzt werden sollen. "Jetzt ist unser Ziel, die Kürzungen, die bevorstehen oder drohen, zu verhindern", sagte die Wolfenbüttelerin nach dem Termin im Petitionsausschuss im Deutschen Bundestag.
"Freiwillige haben mehr Zeit als Festangestellte"
Die Freiwilligen ersetzten zwar keine Festangestellten. Aber sie ergänzen deren Arbeit, erklärte die 20-jährige Marie Beimen, die die Petition im Ausschuss vorstellte. Denn die Freiwilligen hätten mehr Zeit und könnten den Pflegebedürftigen oder Patienten auch mal zuhören, mit ihnen spazieren gehen oder einfach nur mal die Hand halten. Dem hätten auch die Ausschussmitglieder nicht widersprochen. Nelly Schrader hatte nach der Anhörung deshalb ein gutes Gefühl: "Ich bin mega glücklich, es ist perfekt gelaufen", sagte sie. "Ich habe das Gefühl, alle waren positiv." Sie hoffe sehr, dass der Bundestag und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) das auch so sehen. "Hauptsache nicht kürzen", betonte Nelly Schrader.
Familienministerium macht keine Zusagen
Das aber will die Staatssekretärin aus dem zuständigen Bundesfamilienministerium Ekin Deligöz nicht versprechen. "Der Haushaltsgeber ist der Deutsche Bundestag", sagte sie. "Wir sind mitten in den Verhandlungen hierzu. Das Ergebnis kann ich nicht vorweg nehmen."
330 Euro Taschengeld für fünf Tage Arbeit
Wenige Tage vor dem Termin im Bundestag sagte Nelly Schrader dem NDR Niedersachsen, dass sie und die anderen, die die Petition formuliert haben und selbst Bundesfreiwillige waren oder noch sind, mehr Wertschätzung für die Freiwilligendienste wünschen - die sich eben auch darin ausdrückt, wie viel Geld jemand bekommt für das, was er oder sie tut. Doch die meist jungen Menschen, die den Dienst machen, leben am Existenzminimum, sagt die 20-Jährige. Sie selbst hat 330 Euro Taschengeld bekommen. Dafür, dass sie an ihrer alten Schule in Wolfenbüttel jeden Tag im Sportunterricht mitgearbeitet hat - als Trainerin sozusagen.
Petition fordert auch mehr Wertschätzung des Freiwilligendienstes
Die Petition wendet sich mit diesen Forderungen an den Bundestag:
- Taschengeld, das am BAföG-Höchstsatz angelehnt ist
- kostenlose Nutzung des Nah- und Fernverkehrs
- besserer Zugang zu Wohngeld und Wegfall der Anrechnung des Taschengeldes bei Unterhalt und Sozialleistungen der Eltern oder Geschwister
- mehr Wertschätzung, etwa durch die Anrechnung des Dienstes auf Ausbildung/Studium
Viele Einrichtungen auf Freiwillige angewiesen
Diese Forderungen hatten Nelly Schrader und andere Freiwillige aus ganz Deutschland im Frühjahr formuliert. Gut 100.000 Menschen haben sie unterschrieben. Doch Anfang Juli gab es den erwähnten ersten Rückschlag: Statt Verbesserungen kündigte Bundesfamilienministerin Paus an, dass zusätzlich zu bereits geplanten Einsparungen im kommenden Jahr auch 2025 Gelder gekürzt werden sollen. Insgesamt geht es um rund 35 Prozent der Zuschüsse, die wegfallen könnten. Dabei sind viele Einrichtungen auf jene Menschen angewiesen, die sich für den Bundesfreiwilligendienst (BFD), ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) oder einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD) entscheiden.
Freiwilligendienst als Schnupperkurs
Doch profitieren nicht nur die Einrichtungen von günstiger Mitarbeit im Dienste der Gesellschaft. Auch für die Freiwilligen kann der Dienst wertvoll sein, sagte Nelly Schrader. Sie sei in den zwölf Monaten an der Schule in Wolfenbüttel unglaublich gereift, sagte sie. Dabei war ihre Motivation eher banal: Sie war sich nicht sicher, was sie nach dem Abitur studieren sollte. Informatik? Irgendwas mit Sport? Sie mag beides. Deshalb die Idee, für ein Jahr reinzuschnuppern in die Trainerinnen-Welt. Nun hofft sie jedenfalls, dass die Petition etwas bewirkt, sie schwärmt auch am Telefon hörbar immer noch von ihrer Zeit als "Bufdi": "Das hat mir so viel gebracht", sagte sie. Einen prominenten Mitstreiter dürfte sie schon mal haben. Niedersachsens Sozialminister Andreas Philippi (SPD) hält nichts von den Kürzungsplänen der Bundesregierung beim Freiwilligendienst. Diese seien eine "wirklich schlechte Idee", sagte er als Reaktion auf die Pläne der Bundesregierung.