Personalmangel in Kinderbetreuung könnte sich deutlich verschärfen
Schon jetzt herrscht in der Kinderbetreuung in Niedersachsen akuter Personalmangel. Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) könnte sich dieser noch deutlich verschärfen.
Das teilte das IAB Niedersachsen-Bremen am Dienstag mit. Dabei sei die Beschäftigung in Berufen der Kinderbetreuung und -erziehung in den vergangenen Jahren gestiegen: seit 2013 um 52 Prozent. Mit durchschnittlich 2.000 bis 2.700 Absolventinnen und Absolventen pro Jahr, die voraussichtlich dauerhaft im Beruf bleiben, könne der Personalstand von 2022 voraussichtlich erhalten werden. "Der Personalbedarf wird aber eher noch höher ausfallen", erwartet IAB-Forscher Uwe Harten, "die Absolventinnen und Absolventen werden dann nicht ausreichen."
Viele Erzieher verlassen Job nach unter einem Jahr
Laut der Studie arbeiteten Ende Juni 2022 rund 78.200 Personen sozialversicherungspflichtig in der Kinderbetreuung und -erziehung. Das sind 2,5 Prozent aller Beschäftigten in Niedersachsen. Allerdings blieben nur 59 Prozent der Erzieher länger als zwölf Monate in ihrem Job. Beschäftigte unter 40 würden den Beruf schneller wieder aufgeben als ältere, heißt es in der Studie. Als Grund vermuten die Studienautoren etwa Probleme bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder auch fehlende Karrierechancen. Auch der Umfang der Beschäftigung spielt laut Studie wohl eine Rolle: Demnach bleiben Teilzeitkräfte deutlich länger im Job als Vollzeitkräfte - laut den Autoren wohl wegen der "allgemeinen und persönlichen Belastungssituationen bei vollzeitnaher Tätigkeit."
Arbeitsagentur: "Vom Kita-Platz hängt die Arbeitsfähigkeit der Mütter ab"
"Kinderbetreuung ist kein Luxusproblem", sagt Johannes Pfeiffer, Chef der Bundesagentur für Arbeit Niedersachsen-Bremen. In Beratungsgesprächen beklagten vor allem Frauen eine unzureichende Betreuungssituation für ihre Kinder. Diese wirke sich häufig direkt auf die Beschäftigungssituation aus. "Man kann sagen, vom Kita-Platz hängt die Arbeitsfähigkeit der Mütter ab", so Pfeiffer. Es brauche daher "schnelle und kurzfristig wirkende Lösungen" für Niedersachsen.
Vorschlag: Mehr Erzieher mit Migrationshintergrund
Um die Personalsituation in der Kinderbetreuung zu verbessern, haben die Autoren mehrere Vorschläge für die Politik formuliert. Dazu zählen etwa Maßnahmen, um Beschäftigte nach einer Unterbrechung schneller in den Beruf zurückzuholen und um die Verweildauer im Beruf zu erhöhen. Auch die Arbeitszeit von Erziehern zu erhöhen könne helfen, um Fachkräfte zu sichern. Weiter schlagen die Autoren vor, mehr Erzieher mit Migrationshintergrund zu gewinnen - aktuell liege der Anteil bei nur drei Prozent. Dafür müssten ausländische Abschlüsse oder geeignete Anpassungsqualifizierungen beschleunigt beziehungsweise ermöglicht werden, heißt es.
Ungenutzte Potenziale bei Quereinsteigern
Das sei keine leichte Aufgabe für die Politik, räumt Pfeiffer ein. "Nach meiner Überzeugung ist es notwendig, an all diesen Stellschrauben zu drehen, da es kein Allheilmittel gibt". Die Bundesagentur für Arbeit werbe außerdem dafür, Quereinstiege stärker zu nutzen. Dabei könne die Arbeitsagentur die Qualifizierung von Arbeitslosen finanziell unterstützen. "Hier haben wir ungenutzte Potenziale", meint Pfeiffer. Die Bezahlung jedenfalls sollte in der Debatte zur Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte "aktuell nur noch eine untergeordnete Rolle spielen". Mit gut 3.600 Euro brutto liege das mittlere Entgelt der Erzieher in Vollzeit mittlerweile sogar etwas über dem mittleren Entgelt aller Beschäftigten in Niedersachsen.