Niedersachsen hat weniger Einwohner als gedacht - das hat Folgen
Der Zensus 2022 hat negative finanzielle Folgen für das Land Niedersachsen. Laut der Erhebung leben zwischen Ems und Elbe rund 170.000 Menschen weniger als angenommen - das bedeutet weniger Geld vom Bund.
Die Einbußen liegen ab 2024 jährlich bei rund 140 Millionen Euro, wie das niedersächsische Finanzministerium am Donnerstag mitteilte. Bereits im Juli hatte das Ministerium in Hannover erklärt, dass sich die niedrigere Einwohnerzahl im jährlichen Länderfinanzausgleich bemerkbar machen werde. Die genauen Zahlen waren damals noch offen. Der geringere Betrag setzt sich demnach zum einen aus geringeren Umsatzsteueranteilen und zum anderen aus geringeren Ergänzungszuweisungen des Bundes zusammen.
Weniger Einwohner - Niedersachsen muss Geld zurückzahlen
Dem Land steht zudem eine Rückzahlung an den Bund bevor, da bis zur Veröffentlichung der aktuellen Zahlen noch mit den Daten des letzten Zensus aus dem Jahr 2011 gerechnet wurde. Das Ministerium geht eigenen Angaben zufolge im kommenden Jahr von einer Nachzahlung von rund 60 Millionen Euro für 2022 aus. Im Jahr 2026 wird demnach eine Nachzahlung von rund 100 Millionen Euro für 2023 fällig. Für die endgültige Abrechnung der vergangenen zwei Jahre hat das Bundesfinanzministerium eine Übergangsregelung geschaffen. Bei der Abrechnung dieser Jahre werden die Zahlen des Zensus 2022 gestuft berücksichtigt:
- 2022: Zensus 2011 zu 2/3, Zensus 2022 zu 1/3
- 2023: Zensus 2011 zu 1/3, Zensus 2022 zu 2/3
Erst ab 2024 werden die Zahlen nach Angaben des Finanzministeriums vollständig eingeplant. Durch den Übergang soll vermieden werden, dass betroffene Länder durch die endgültigen Abrechnungen zu stark belastet werden und rückwirkend zu viel zurückzahlen müssen. Der Zensus wird in der Regel alle zehn Jahre erhoben. Nach 2011 hätte ursprünglich 2021 ein Zensus durchgeführt werden sollen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Erhebungen jedoch auf 2022 verschoben.
So viele Menschen leben in Niedersachsen
Konkret lebten am Stichtag, dem 15. Mai 2022, rund 7,94 Millionen Menschen in Niedersachsen, wie aus den Ergebnissen des Zensus 2022 hervorgeht, die im Juli dieses Jahres veröffentlicht wurden. Laut Prognose hätten es 8,14 Millionen Menschen sein sollen. "Der relative Bevölkerungsanteil Niedersachsens hat sich aufgrund der Zahlen des Zensus 2022 von bisher 9,65 Prozent auf 9,60 Prozent reduziert", teilte das Finanzministerium in Hannover damals mit.
Städte verlieren Einwohnerinnen und Einwohner
Während in einigen Gemeinden laut dem Zensus Zuwächse bei der Bevölkerungszahl zu verbuchen sind, sieht es in anderen schlechter aus. Zum Beispiel im Nordosten Niedersachsens. Das Wendland und die Stadt Uelzen haben Bürgerinnen und Bürger verloren. Die Stadt Lüneburg verzeichnet einen Bevölkerungsrückgang von mehr als fünf Prozent. Auch Richtung Südniedersachsen haben vor allem die Städte Einwohner verloren. Hannover hat laut Zensus etwa 28.000 Menschen weniger als prognostiziert - damit könnte der Stadt im kommenden Jahr ein Millionenbetrag fehlen. Und in Hildesheim ist die Bevölkerungszahl unter 100.000 gesunken. Damit ist sie keine Großstadt mehr.
Zensus hat keinen direkten Einfluss auf Gemeinden
Einen direkten Einfluss auf die Kommunen habe die Lücke im Landeshaushalt nicht, sagte ein Sprecher des Landkreistages dem NDR Niedersachsen im Juli. Allerdings könnte das Land, sollten die Kommunen um mehr Geld verhandeln wollen, dies verweigern, weil es selbst weniger Geld vom Bund bekommt. Die Zensus-Zahlen sind auf kommunaler Ebene die Berechnungsgrundlage, wie viele Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser vor Ort benötigt werden. Und auch die Höhe der Mittel des Landes Niedersachsen für die Kommunen orientiert sich direkt an den Einwohnerzahlen vor Ort.
Gerichtsverfahren um Zensus 2011 in Schleswig-Holstein
Nach dem vorangegangenen Zensus 2011 hatten mehrere Städte und Gemeinden Klage eingereicht - unter anderem die Stadt Flensburg in Schleswig-Holstein. Denn die Zahlen des Landesamtes und die der Stadtverwaltung wichen deutlich voneinander ab. Rund 6.000 Einwohner hatte die Stadt laut Zensus verloren. Für die Stadt würde das zwischen sechs und sieben Millionen Euro weniger bedeuten - der Rechtsstreit ist bisher nicht geklärt.