Neue Kennzeichnungspflicht: Aus für viele Schweinebauern?
Kunden im Supermarkt sollen auf den ersten Blick erkennen können, wie gut Masttiere gehalten wurden. Doch Geld für den Ausbau von Ställen oder für mehr Auslauf haben viele Bauern nicht.
Das jedenfalls sagt die Landwirtschaftskammer. Die Folge: Nicht wenige Betriebe dürften das Handtuch werfen, sagt Hermann Hermeling, Kammer-Vizepräsident und selbst Schweinehalter. Die Kennzeichnung umfasst fünf Stufen und gilt zunächst nur für frisches Schweinefleisch. Der Lebensmittelkonzern Aldi hat bereits angekündigt, bis 2030 sukzessive nur noch die höheren Haltungsstufen mit mehr Tierwohl, beziehungsweise aus Biohaltung, anbieten zu wollen.
Viele Landwirte scheuen hohe Investitionen für Stall-Umbau
Um eine höhere Haltungsstufe zu erreichen, müssen Ställe umgebaut, mehr Platz für die Tiere geschaffen und idealerweise muss für Frischluft und Auslauf gesorgt werden. "Ich bin dazu gerne bereit, aber ich muss meine Umbauten erst einmal genehmigt bekommen und außerdem sicher sein, dass ich meine Tiere auch weiterhin vermarkten kann", sagt Landwirtin Stephanie Barlage aus Dinklage im Landkreis Vechta. Sie fürchtet, dass sich ein Umbau für sie wirtschaftlich nicht rechnet. Schließlich müssten die Verbraucher im Supermarkt dann auch bereit sein, höhere Preise zu zahlen.
Dass das nicht immer der Fall ist, können Niedersachsens Biolandwirte bestätigen: Der deutsche Ökomarkt schrumpft. Als Grund sieht die Landwirtschaftskammer unter anderem die hohe Inflation. Gestiegen sind die Gewinne der Ökobetriebe dennoch - um 18 Prozent auf ein Niveau von durchschnittlich 75.000 Euro.
2022/2023 mit deutlichem Gewinnzuwachs abgeschlossen
Bei all der drohenden Unsicherheit: Das zurückliegende Geschäftsjahr (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023) haben die niedersächsischen Landwirte mit einem Rekordgewinn abgeschlossen. Bei der Kammerversammlung in Oldenburg am Donnerstag stellte Präsident Gerhard Schwetje die neuesten Zahlen vor: "Der Boom auf dem Milchmarkt, international steigende Preise für Getreide und sinkende Schweinebestände führten zu einer deutlichen Steigerung der Gewinne in allen Betriebsformen der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe", so Schwetje.
In Zahlen heißt das: Jeder einzelne Betrieb machte im Schnitt fast 150.000 Euro Gewinn. Das entspricht einer Steigerung von fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Milchviehbetriebe erwirtschaften hohe Gewinne
Vor allem Milchviehbetriebe haben hohe Gewinne erzielt. Der Grund: Weltweit wird weniger Milch erzeugt, das hat die Preise in der gesamten EU nach oben getrieben. Im Durchschnitt haben die Landwirte 55 Cent pro Kilogramm Milch bekommen, das sind 12 Cent mehr als im Vorjahr.
Auch Schweinehalter haben gute Ergebnisse erzielt - jedenfalls diejenigen, die noch Schweine in ihren Ställen haben. "Der Rückgang an gehaltenen Schweinen ist dramatisch", sagt Kammer-Vizepräsident Hermeling. In Niedersachsen sei der Bestand im vergangenen Jahr um zehn Prozent gesunken.