Nach Schiffskollision: Havariekommando hält Vermisste für tot
Nach dem Zusammenstoß zweier Frachter in der Nordsee vor Helgoland geht das Havariekommando vom Tod der vier vermissten Seeleute aus. Das teilte die Behörde am Mittwoch mit.
Für die Vermissten gebe es keine Hoffnung mehr, sagte der Leiter des Havariekommandos, Robby Renner, bei einer Pressekonferenz. Taucher hätten am Dienstag zwei Tauchgänge unternommen, um nach Lebenszeichen am Schiffswrack zu suchen. Widrige Witterungsbedingungen hätten es aber unmöglich gemacht, das Innere der gesunkenen "Verity" zu erreichen. Ein Sprecher der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) beschränkte das Zeitfenster zur Rettung der Schiffbrüchigen auf "maximal 20 Stunden". Das Havariekommando geht deshalb davon aus, dass bei der Kollision der Frachter am Dienstagmorgen insgesamt fünf Seeleute ums Leben gekommen sind.
Auch Tauchroboter fand keine Lebenszeichen
Ein Seemann war bereits kurz nach dem Zusammenstoß tot geborgen worden. Zwei Crewmitglieder konnten am Dienstag lebend aus der Nordsee gerettet werden. "Wir haben es mit vereinten Kräften geschafft, zwei Menschenleben zu retten", sagte Renner. Den 22 Besatzungsmitgliedern des zweiten an der Kollision beteiligten Schiffes, der "Polesie", gehe es "physisch gut", so Renner. Am Mittwochmorgen hatte das Havariekommando nach Renners Worten einen ferngesteuerten Tauchroboter zum Wrack des gesunkenen Küstenmotorschiffs "Verity" herabgelassen. Auch bei dieser Aktion sei kein Lebenszeichen entdeckt worden. "Das war eine Chance, eine vage Chance, die wir nicht ungenutzt lassen wollten", sagte Renner.
Staatsanwaltschaft Hamburg hat Ermittlungen aufgenommen
Unklar ist noch, warum die beiden Frachter am Dienstagmorgen um 4.55 Uhr in der Deutschen Bucht zusammenstießen. Bekannt ist, dass das kleinere Küstenmotorschiff "Verity" beladen mit Stahlblechen auf dem Weg von Bremen nach Immingham in Großbritannien war. Der mit 190 Metern Länge größere Massengutschiff "Polesie" fuhr von Hamburg nach La Coruña in Spanien. Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg ermittelt zur Unfallursache. BSU-Leiter Ulf Kaspera bestätigte gegenüber NDR Niedersachsen, dass es Radarbilder der Unglücksnacht gebe, die bei der Seeamtsverhandlung eine wichtige Rolle spielen dürften. In Kürze sollten auch die Besatzungsmitglieder der Frachter zum Unfallhergang befragt werden. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Hamburg die Ermittlungen aufgenommen. Ermittelt werde wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Schiffsverkehrs, sagte eine Behördensprecherin am Mittwoch.
Schiffseigner müssen sich um die Bergung des Frachters kümmern
Während die "Polesie" am Mittwochmorgen aus eigener Kraft Cuxhaven erreicht hat, liegt das Küstenmotorschiff "Verity" in 30 Metern Tiefe in der Deutschen Bucht rund 22 Kilometer südwestlich der Hochseeinsel Helgoland. Aufnahmen des Tauchroboters sollen zeigen, dass das Wrack nicht auseinandergebrochen ist. Das Havariekommando bestätigte am Mittwoch, dass sich im Tank des Wracks 127 Kubikmeter Marinediesel befinden. Rund 90 Liter seien mittlerweile ausgetreten, trieben aber weder in Richtung Helgoland noch in Richtung Küste. Bei der Frage, ob der gesunkene Frachter geborgen werden kann, legte sich Renner nicht fest. Die Eigentümer des Schiffes müssten geeignete Bergungsfirmen beauftragen, sagte Renner. "Man wird schauen müssen, ob der Diesel entweder sicher verschlossen ist oder man ihn abpumpen kann, damit er nicht in großen Mengen in die Umwelt gerät", sagte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) am Mittwochvormittag.
Gebiet ist für den Schiffsverkehr gesperrt
Der Zusammenstoß der beiden Frachter ereignete sich in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit - denn in der Deutschen Bucht verlaufen zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung, wie eine Sprecherin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sagte. Das Gebiet ist weiter in einem Radius von zwei Seemeilen um die Unglücksstelle für den Schiffsverkehr gesperrt.