Nach Schiffskollision: Ermittler suchen nach Unfallursache
Nach dem Zusammenstoß zweier Frachter in der Nordsee vor Helgoland suchen Ermittler nach der Ursache des Unfalls. Zudem soll der Leichnam des geborgenen Seemanns obduziert werden.
Bislang ist unklar, warum die beiden Frachter "Verity" und "Polesie" am Dienstagmorgen um 4.55 Uhr in der Deutschen Bucht zusammenstießen. Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg sowie die Staatsanwaltschaft Hamburg haben Untersuchungen zur Unfallursache aufgenommen. Die Experten der BSU arbeiten mit Ermittlungsbehörden der Flaggenstaaten der beiden Schiffe, Bahamas und Großbritannien, zusammen. Die Maritime Accident Investigation Branch (MAIB) als zuständige britische Behörde hat bereits erste Experten nach Cuxhaven entsandt, um mit der Beweisaufnahme zu beginnen. Die MAIB leitet nun auch die Untersuchungen, da das gesunkene Schiff "Verity" unter der Flagge Großbritanniens fuhr.
Crewmitglieder sollen zu Unfallhergang befragt werden
BSU-Leiter Ulf Kaspera bestätigte gegenüber NDR Niedersachsen, dass es Radarbilder der Unglücksnacht gebe, die bei der Seeamtsverhandlung eine wichtige Rolle spielen dürften. Sie wollen nun etwa Verkehrs- und Kommunikationsdaten sichern und auswerten. In Kürze sollten auch die Besatzungsmitglieder der Frachter zum Unfallhergang befragt werden. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Hamburg die Ermittlungen aufgenommen. Ermittelt werde wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Schiffsverkehrs, sagte eine Behördensprecherin am Mittwoch. Das Havariekommando hat die Einsatzleitung unterdessen dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser-Jade-Nordsee übertragen.
Ausgetretener Dieseltreibstoff treibt an Wasseroberfläche
Das gesunkene Küstenmotorschiff "Verity" liegt in 30 Metern Tiefe rund 22 Kilometer südwestlich der Hochseeinsel Helgoland. Aufnahmen des Tauchroboters zeigen dem Havariekommando zufolge, dass das Wrack nicht auseinandergebrochen ist. Das Havariekommando bestätigte am Mittwoch, dass sich im Tank des Wracks 127 Kubikmeter Marinediesel befinden. Rund 90 Liter seien bis dato ausgetreten, trieben aber - zu diesem Zeitpunkt - weder in Richtung Helgoland noch in Richtung Küste. Bei der Frage, ob der gesunkene Frachter geborgen werden kann, legte sich Robby Renner, Leiter des Havariekommandos, nicht fest. Die Eigentümer des Schiffes müssten geeignete Bergungsfirmen beauftragen, sagte Renner. "Man wird schauen müssen, ob der Diesel entweder sicher verschlossen ist oder man ihn abpumpen kann, damit er nicht in großen Mengen in die Umwelt gerät", sagte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) am Mittwochvormittag. Wie es mit dem Wrack weiter geht, ist noch offen.
Tot geborgener Seemann soll obduziert werden
Die Staatsanwaltschaft Hamburg kündigte unterdessen an, dass der Leichnam des Seemanns, der kurz nach dem Zusammenstoß tot aus der Nordsee geborgen wurde, obduziert werden soll. Angaben zu seiner Identität gab es bislang nicht. Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch teilte Robby Renner vom Havariekommando mit, dass es für die vier vermissten Besatzungsmitglieder der "Verity" keine Hoffnung mehr gibt. Taucher sowie auch ein ferngesteuerten Tauchroboter hatten am Wrack keine Lebenszeichen entdecken können.
Zwei Crewmitglieder wurden lebend gerettet
Ein Sprecher der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hatte von einem Zeitfenster von "maximal 20 Stunden" für die Rettung der vier vermissten Seeleute gesprochen - das war in der Nacht zu Mittwoch abgelaufen. Das Havariekommando geht deshalb davon aus, dass bei beziehungsweise infolge der Kollision der Frachter am Dienstagmorgen insgesamt fünf der sieben Seeleute der Verity" ums Leben gekommen sind. Zwei Crewmitglieder konnten am Dienstag lebend aus der Nordsee gerettet werden. Den 22 Besatzungsmitgliedern des zweiten an der Kollision beteiligten Schiffes, der "Polesie", gehe es "physisch gut", so Renner. Das Schiff erreichte am Mittwochmorgen aus eigener Kraft Cuxhaven.
Gebiet ist für den Schiffsverkehr gesperrt
Das kleinere Küstenmotorschiff "Verity" war am frühen Dienstagmorgen beladen mit Stahlblechen auf dem Weg von Bremen nach Immingham in Großbritannien. Der mit 190 Metern Länge größere Massengutschiff "Polesie" fuhr von Hamburg nach La Coruña in Spanien. Der Zusammenstoß der beiden Frachter ereignete sich in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit - denn in der Deutschen Bucht verlaufen zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung, wie eine Sprecherin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sagte. Das Gebiet ist weiter in einem Radius von zwei Seemeilen um die Unglücksstelle für den Schiffsverkehr gesperrt.