Menschen legen in der Nähe des Tatorts in Solingen Blumen und Kerzen zum Gedenken der Opfer nieder. © picture alliance/dpa Foto: Thomas Banneyer

Nach Anschlag in Solingen: Opposition fordert Konsequenzen

Stand: 26.08.2024 16:26 Uhr

Nach dem Anschlag in Solingen mit drei Toten hält Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) politische Schlussfolgerungen für verfrüht. Anders sehen das etwa die Fraktionen von CDU und AfD.

Als Reaktion auf den Messeranschlag schlägt die niedersächsische CDU-Fraktion vor, Abschiebungen und Rückführungen ausreisepflichtiger Asylbewerber konsequent durchzuführen: "Diejenigen, die sich dem widersetzen oder auch untertauchen, sind zu suchen und in Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft zu nehmen", sagte CDU-Landesfraktionschef Sebastian Lechner dem NDR Niedersachsen. Außerdem fordert die Fraktion anlasslose Kontrollen: Die Polizei soll beispielsweise jeden in der Stadt auf Messer kontrollieren dürfen.

AfD fordert konsequente Abschiebung

Für die AfD-Fraktion gibt es nur zwei Maßnahmen: "Das eine ist, wir müssen die Grenzen schließen", sagte AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann dem NDR Niedersachsen. "Und zweitens, wir müssen die vollziehbar Ausreisepflichtigen tatsächlich abschieben und nicht nur ankündigen, dass wir sie abschieben."

Flüchtlingsrat gegen Aufnahmestopp

Nach Ansicht des Flüchtlingsrats in Niedersachsen könnten die Abschiebeverfahren durchaus gestrafft werden. Ein genereller Aufnahmestopp etwa für Syrer sei aber verfassungswidrig. Das sehen auch die Grünen so. "Wir können de facto nicht nach Syrien und Afghanistan abschieben", betonte Detlev Schulz-Hendel, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag. "Wer das will, muss mit Taliban, einem Diktator Assad und als verlängerter Arm auch mit IS-Menschen verhandeln."

Kriminologe Dirk Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW © ZHAW
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Polizeigewerkschaft für härtere Konsequenzen

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Niedersachsen fordert von der Politik, mehr für die Sicherheit der Menschen zu tun und klare Regeln für Einwanderung und Abschiebung von Straftätern zu schaffen. "In den letzten Jahren gab es immer mehr Gewaltverbrechen, besonders Messerangriffe", heißt es in einer Mitteilung. Laut der Gewerkschaft ist die Zahl der Messerangriffe in den vergangenen Jahren gestiegen: 2023 gab es demnach 1.065 Vorfälle in Niedersachsen, im Vorjahr 2022 waren es 938 Fälle. "Umso mehr braucht es eine Konsequenz für diejenigen, die sich aus extremistischen Gründen zu einer Gewalttat hinreißen lassen", so Patrick Seegers, Landesvorsitzender der DPolG Niedersachsen. "Da muss die Ampel gemeinsam entscheiden, über die Ministeriumsgrenzen hinweg, und sich nicht gegenseitig im Weg stehen."

Weil: Keine hundertprozentige Sicherheit vor Anschlägen

Ministerpräsident Stephan Weil äußerte sich in Hinblick auf mögliche politische Konsequenzen zurückhaltend. "Für politische Schlussfolgerungen ist es noch zu früh, wir sollten das Ergebnis der Ermittlungen abwarten", sagte der SPD-Politiker. Er verwies aber auf eine niedersächsische Bundesratsinitiative, "mit der konsequente Maßnahmen gegen gefährliche Messer in der Öffentlichkeit gefordert wurden". Es gebe keine hundertprozentige Sicherheit vor Anschlägen, "aber es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um die Messerkriminalität wesentlich einzudämmen", so Weil. Er zeigte sich bestürzt über den Anschlag in Solingen. "Mein Mitgefühl ist bei den Opfern und ihren Familien und Freunden". Den Verletzten sprach Weil "herzlichste Genesungswünsche" aus.

IS reklamierte Anschlag in Solingen für sich

Am Freitagabend waren bei einem Messeranschlag auf einem Stadtfest in Solingen (Nordrhein-Westfalen) drei Menschen getötet und weitere verletzt worden. Der mutmaßliche Täter stellte sich am Samstagabend der Polizei. Gegen den 26-jährigen Asylbewerber, der laut Medienberichten abgeschoben werden sollte, ermittelt jetzt die Bundesanwaltschaft wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der IS hatte die Tat für sich reklamiert.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 26.08.2024 | 14:00 Uhr

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