NDR Sommerinterview: Späterer Schulbeginn? Hamburg sieht Möglichkeiten
Die Kultusministerin spricht im Sommerinterview des NDR in Niedersachsen über den Fachkräftemangel in Kitas, mögliche Bündnisse mit der CDU und einen späteren Schulbeginn.
Der NDR in Niedersachsen lädt die Spitzenpolitiker im Landtag zum Sommerinterview. Den Auftakt macht Julia Willie Hamburg (Grüne). Martina Thorausch, Leiterin der Redaktion Landespolitik, hat die Vize-Ministerpräsidentin und Kultusministerin zum Gespräch im Landesfunkhaus getroffen.
Die Nachwirkungen von Pandemie und Ukraine-Krieg
Es ist knackig warm, als Julia Willie Hamburg zum Sommerinterview am Maschsee in Hannover eintrifft. Strahlender Sonnenschein bei 28 Grad. Zum Interview geht es ins deutlich kühlere Große Foyer der Landesfunkhauses des NDR in Hannover. Drückendes Wetter bei gleichzeitig bedrückter Stimmung im Land. Für Julia Willie Hamburg ist das eine Nachwirkung der Pandemie und des Ukraine-Krieges. "Wir merken die großen Sorgen darüber, ob wir uns das Heizen im Winter leisten können - und das in Kombination mit einer Inflation."
Grüne sollen einfacher erklären, was die Partei plant
Die stellvertretende Ministerpräsidentin übt auch Kritik am Krisenmanagement und der Kommunikation der eigenen Partei. Es werde um die Frage gehen, wie man Menschen mitnehme bei Entscheidungen. "Wir merken, dass wir viele Menschen über soziale Netzwerke gar nicht mehr erreichen." Die Grünen müssten mehr im Land unterwegs sein und deutlicher und einfacher erklären, was die Partei plane.
Krisen in Niedersachsens Kitas
Auch in Niedersachsens Kindertagesstätten gilt es Krisen zu bewältigen. Personalmangel führt immer wieder zu Kita-Schließungen. Hamburg sieht aber Licht am Ende des Tunnels. "Wir haben in diesem Jahr einen Ausbildungsrekord mit 19.200 Kräften, die Erzieher oder Sozialassistentin werden wollen." Aber es dauere eben, bis das wirke. Die Kultusministerin sieht noch mehr Potenzial. Möglichkeiten, sich die Ausbildung über Schüler-Bafög oder bezahlte Teilzeit-Ausbildung finanzieren zu lassen, sind ihrer Ansicht nach noch zu unbekannt. Hamburg will mit einer Informationskampagne entgegenwirken.
Fachkräftemangel an Schulen - trotz neuer Lehrstellen
In Niedersachsens Schulen muss Julia Willie Hamburg ebenfalls den Fachkräftemangel bekämpfen. Rot-Grün hatte zwar erst kürzlich beschlossen, 2.460 neue Lehrerstellen zu schaffen. Das sei aber kein Grund zu jubeln: "Wir haben 20.000 bis 30.000 Kinder mehr an den Schulen." Gründe dafür seien die gestiegene Geburtenrate und der Zuzug von Flüchtlingen. Für die Kultusministerin sind die zusätzlichen Stellen also zwar ein Weg gegenzusteuern, aber: "Wir werden damit nicht an 100 Prozent Unterrichtsversorgung herankommen."
Ministerin Hamburg offen für Spätaufsteher-Schule
Offen zeigt sich Hamburg für einen späteren Unterrichtsbeginn an den Schulen. Es gebe Studien, die zeigten, dass die Leistungsfähigkeit bei Menschen sehr unterschiedlich sei, so die Kultusministerin. Es gebe aber auch andere Aspekte zu bedenken, wie die Bedürfnisse berufstätiger Eltern. Hamburg lässt den Schulen aber freie Hand, Spätaufsteher-Modelle zu testen. "Wir haben in Niedersachsen nur eine Vorgabe. Die heißt: Vor 7.30 Uhr soll in der Regel kein Unterricht stattfinden. Ansonsten lassen wir das im Ermessen der Schulen und der Schulträger." Vom Landesschülerrat wird der Vorstoß der Kultusministerin begrüßt. Dieser sei längst überfällig, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Landesschülerrats Niedersachsen, Eduard Hillgert, am Donnerstag.
Grüne über ein Bündnis mit der CDU
Künftigen Regierungsbündnissen außerhalb von Rot-Grün steht Kultusministerin Julia Willie Hamburg aufgeschlossen gegenüber. Sie sehe keine Notwendigkeit, ein Bündnis mit der CDU auszuschließen. Ganz im Gegenteil: "Wir sind mit allen demokratischen Parteien in sehr gutem Gespräch.“ Es sei gerade in diesen Zeiten wichtig, dass alle miteinander regieren würden. Die Kultusministerin betont aber auch die gute Zusammenarbeit in der rot-grünen Koalition. Bis zum Ende der Legislatur seien es noch drei Jahre. "Und bis dahin wird Rot-Grün noch viele Projekte auf den Weg bringen."