Nahaufnahme einer Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittel, das den Wirkstoff Glyphosat enthält. © dpa-Zentralbild/dpa Foto: Patrick Pleul
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AUDIO: Kommentar zur Glyphosat-Verlängerung: EU macht sich unglaubwürdig (2 Min)

Minister in Niedersachsen kritisieren Glyphosat-Verlängerung

Stand: 16.11.2023 22:00 Uhr

Der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend sein. Die EU-Kommission hat die Zulassung jetzt um zehn Jahre verlängern. Die Reaktionen aus Niedersachsen sind geteilt.

Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte und Umweltminister Christian Meyer (beide Grüne) haben die EU-Zulassung von Glyphosat für weitere zehn Jahre scharf kritisiert. Das sei ein großer Rückschritt und ein Vertrauensbruch gegenüber den Naturschutzverbänden und der Mehrheit der Gesellschaft, hieß es in einer Mitteilung des Landwirtschaftsministeriums vom Donnerstag. "Ich würde mir wünschen, dass unabhängige Studien im Entscheidungsprozess stärker berücksichtigt werden als Herstellerstudien und dass wir eine Struktur aufbauen, die insgesamt transparenter ist. Wir werden den neuen Rechtsrahmen nun genau überprüfen", teilte Staudte mit.

Meyer: Es gibt Alternativen

Meyer bezeichnet die Entscheidung aus Brüssel in Zeiten des Artensterbens als herben Rückschlag für den Natur- und Artenschutz. Der Einsatz von Glyphosat sei mit gutem Grund in Privathaushalten verboten. "Längst gibt es Alternativen zu dieser sehr giftigen Chemikalie. Die Gefahren für unsere Gesundheit und die negativen Auswirkungen auf die Natur sind nicht mehr von der Hand zu weisen", sagte Meyer.

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Deutschland enthält sich bei EU-Abstimmung zu Glyphosat

Die EU-Kommission hatte entschieden, die Zulassung in der EU um zehn Jahre zu verlängern. Sie kündigte zugleich neue Auflagen an. Zuvor hatten sich in einem EU-Berufungsausschuss weder genug Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten für noch gegen einen weiteren Einsatz ausgesprochen. Bei der Abstimmung wäre eine qualifizierte Mehrheit von 15 der 27 EU-Länder erforderlich gewesen, um den Vorschlag entweder zu unterstützen oder zu blockieren. Nun konnte die Kommission allein entscheiden. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung enthalten.

Landvolk begrüßt die Entscheidung

Das Landvolk Niedersachsen begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission. Der Interessenverband wies am Donnerstag darauf hin, dass in unzähligen Studien keine bedenklichen gesundheitlichen Risiken bei der Anwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft festgestellt worden seien. Mit einem Verbot würden die Vorteile beim Umwelt- und Ressourcenschutz verloren gehen, ohne einen Vorteil für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu erreichen.

Was ist Glyphosat?

Der Wirkstoff Glyphosat ist Bestandteil von Unkrautvernichtungsmitteln. Das Totalherbizid hemmt ein für das Pflanzenwachstum wichtiges Enzym. Wo Glyphosat eingesetzt wird, wächst kein Gras mehr, auch kein Kraut, Strauch oder Moos. Ackerflächen können so vor oder kurz nach der Aussaat und nochmals nach der Ernte unkrautfrei gemacht werden. Dadurch wird die Vielfalt der Flora stark beeinträchtigt, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium schreibt. Auf und neben den Ackerflächen hätten Insekten und Feldvögel über diesen Zeitraum keine Nahrungsgrundlage mehr. Ganze Nahrungsnetze von der Pflanze über Insekten bis zu den Feldvögeln würden so geschädigt. Das schadet auch der Landwirtschaft selbst. Die Sicherung der Erträge vieler landwirtschaftlicher Kulturen hänge maßgeblich von bestäubenden Insekten ab. Der Einsatz von Glyphosat kann laut dem Ministerium zudem für die behandelten landwirtschaftlichen Flächen selbst zum Problem werden, wenn wichtige Bodenorganismen und die Bodenfruchtbarkeit Schaden nehmen.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 16.11.2023 | 20:00 Uhr

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Landwirtschaft

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