Meyer Werft: Aus dem Familienunternehmen wird ein Staatskonzern
Über den Einstieg von Bund und Land bei der existenzbedrohten Meyer Werft wird hart verhandelt. Wahrscheinlich ist, dass der Staat das Unternehmen aus Papenburg mehrheitlich übernimmt.
Seit Wochen laufen in Hannover täglich Krisengespräche zur angeschlagenen Meyer Werft. Das Thema sei sehr komplex und zeitintensiv, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Ein Ergebnis stehe aber noch nicht fest. Dass das Land Niedersachsen das Unternehmen retten will, ist klar. Die Frage ist aber, wie genau.
Staatlicher Einstieg so gut wie sicher
Bis zum 15. September muss die Meyer Werft frisches Geld bekommen, um eine Pleite abzuwenden. Ein privater Investor, der sich am Papenburger Unternehmen beteiligen will, ist nicht in Sicht. Darum werden Land und Bund die klamme Werft sehr wahrscheinlich stützen. Nötig ist einerseits eine Bürgschaft in Höhe von gut zwei Milliarden Euro, die Bund und Land jeweils zur Hälfte übernehmen müssten. Andererseits braucht die Meyer Werft frisches Eigenkapital. In den Gesprächen geht es um rund 400 Millionen Euro. Damit würde der Staat nach Informationen des NDR Niedersachsen die deutliche Mehrheit der Werft übernehmen.
Wirtschaftsminister Lies: Staat will im Konzern mitreden
Wie hoch der staatliche Anteil an der Meyer Werft wird, will Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) nicht kommentieren. Im Interview mit NDR Niedersachsen stellt er aber klar: "Wenn die öffentliche Hand Eigenkapital gibt, muss sie auch in der Lage sein, unternehmerische Entscheidungen mit zu treffen." Ziel sei es, dass eine Meyer Werft weiter existiert und dass in Papenburg weiter erfolgreich Schiffe gebaut werden. Es gehe jetzt darum, dass "alle Beteiligten ihren Beitrag leisten", damit die Werft zukunftsfähig aufgestellt werde, so Lies. Heißt wohl im Klartext: Die Werft wird bald kein Familienunternehmen mehr sein.
Firmen-Chef ringt um sein Lebenswerk
Für Senior-Chef Bernard Meyer sei das "bitter", heißt es aus Kreisen der Landespolitik, aber auch "alternativlos". Nach Informationen des NDR Niedersachsen will der Patriarch aus dem Emsland eine Übernahme nicht klaglos hinnehmen. Auf einer Info-Veranstaltung hatte der 76-Jährige davon gesprochen, "enteignet" zu werden. Meyers abwehrende Haltung sei nachvollziehbar, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel von der Uni Bremen. "Da geht es um sein Lebenswerk, und das sieht er bedroht", so Hickel gegenüber NDR Niedersachsen. Meyer müsse aber sehen, dass der staatliche Einstieg keine Zerstörung seines Lebenswerks ist, sondern "im Interesse der Familie" sei.
Kritik am "Staat als Unternehmer"
Kritische Stimmen, die einen Einstieg von Bund und Land für falsch halten, gibt es eher außerhalb Niedersachsens. Der Staat als Unternehmer? "Wir haben in Deutschland die Erfahrung gemacht, dass das in der Regel nicht funktioniert", sagt etwa Christoph Schalast, Professor für Unternehmensübernahmen an der Frankfurt School of Finance and Management. Klüger wäre aus Sicht von Schalast eine geordnete Insolvenz. Die sei eine Chance, sich neu aufzustellen und zu entschulden. Eine Insolvenz, betont Schalast, bedeute nicht automatisch das Ende des Unternehmens.