Metall- und Elektroindustrie: Erneut Streiks in Niedersachsen
Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie gibt es bislang keine Annäherung. Die Verhandlungen gehen weiter - und die IG Metall ruft in Niedersachsen erneut zu Streiks auf.
"Die erste Woche war ein starker Anfang, aber jetzt legen wir noch eine Schippe drauf", sagte Thorsten Gröger, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft (IG) Metall. Die Beschäftigten seien entschlossen, ihren Ärger zu zeigen, so Gröger. Dies würden die Arbeitgeber in den kommenden Tagen "noch deutlicher zu spüren bekommen". In Bremen, Hamburg, Nordwestniedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein hatten sich am Mittwoch, 30. Oktober, laut IG Metall rund 14.600 Beschäftigte am Ausstand beteiligt.
IG Metall Küste und Bayern verhandeln gemeinsam
Der Vorstand der IG Metall hat jetzt die beiden Bezirke Bayern und Küste der Gewerkschaft beauftragt, gemeinsam eine Lösung zu finden. Die dritten Verhandlungsrunden mit den Arbeitgebern waren dort kooperativer verlaufen als in den anderen Tarifgebieten. Am 11. November soll es in Hamburg gemeinsame Verhandlungen beider Bezirke geben. Der Bereich der IG Metall Küste umfasst Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bremen und das nordwestliche Niedersachsen.
Warnstreiks in zahlreichen Betrieben im Norden
In Niedersachsen waren am Mittwoch nach Gewerkschaftsangaben mehr als 20 Betriebe von den Streiks betroffen, darunter die Meyer Werft in Papenburg, Thyssenkrupp Marine Systems in Emden, ZF Friedrichshafen AG in Diepholz und Krone in Werlte. In Hamburg waren Warnstreiks unter anderem bei Airbus und TK Elevator geplant, in Mecklenburg-Vorpommern etwa bei der Fertigungstechnik Nord in Gadebusch und Brüggen Fahrzeugwerke in Lübtheen und in Schleswig-Holstein unter anderem bei Fette in Schwarzenbeck und Atlas Elektronik in Wedel. In Bremen wurde unter anderem bei Mercedes Benz, bei der Lloyd-Werft und am Airbus-Standort gestreikt. Mehr als 1.000 Gewerkschaftsmitglieder nahmen laut IG Metall an einer Großkundgebung vor dem Airbus-Standort teil.
IG Metall fordert sieben Prozent mehr Lohn
Am Montag wird im Tarifgebiet Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim weiter verhandelt, am Dienstag folgt das Tarifgebiet Sachsen-Anhalt. Die Arbeitgeberseite bietet bei einer Laufzeit von 27 Monaten eine Entgelt-Steigerung um 3,6 Prozent in zwei Stufen. Die erste Stufe von 1,7 Prozent soll im Juli 2025 greifen. Die IG Metall fordert sieben Prozent mehr Lohn für zwölf Monate und 170 Euro im Monat mehr für Auszubildende - und bewertet das Angebot der Arbeitgeberseite als "in der Größenordnung völlig unzureichend". Es setze viel zu spät ein und auch die Laufzeit sei viel zu lang, so IG-Metall-Verhandlungsführer Gröger.
Arbeitgeber: Forderungen passen nicht in die Zeit
Von der Arbeitgeberseite hieß es, das Angebot gehöre zu den höchsten, die man in den vergangenen 20 Jahren auf den Tisch gelegt habe. Die Forderungen der Gewerkschaft seien fünf Monate alt und passten nicht mehr in die Zeit. "Wir müssen uns auf ein knochenhartes Winterhalbjahr gefasst machen und dazu passen keine sieben Prozent", betonte Niedersachsenmetall-Chef Volker Schmidt. "Jetzt geht es darum, dass wir uns aufeinander zubewegen."
Friedenspflicht endete in der Nacht zu Dienstag
Mit dem Ende der Friedenspflicht hatten in der Nacht zu Dienstag, 29. Oktober, im ganzen Norden Warnstreiks und Protestaktionen begonnen. In Niedersachsen versammelten sich vor dem Werk des Batterieherstellers Clarios in Hannover Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Fackeln und Gewerkschaftsfahnen. Auch vor dem Tor des VW-Werks in Osnabrück legten laut IG Metall rund 250 Beschäftigte ihre Arbeit nieder. In Hamburg waren Beschäftigte unter anderem bei Philips Medical Systems und dem Gabelstaplerhersteller Still in den Nachtschichten zum Streik aufgerufen. In Schleswig-Holstein wurde unter anderem bei Krones in Flensburg, bei GKN Driveline in Kiel und beim Kranhersteller Liebherr gestreikt. Rund 2.000 Mitarbeitende der Metall- und Elektroindustrie versammelten sich in Kiel zu einer Kundgebung. In Mecklenburg-Vorpommern waren die ZF Airbag Germany in Laage sowie im Rostocker Überseehafen der Kranbauer Liebherr und der Windkraft-Zulieferer EEW betroffen. "Wir sind sehr zufrieden", kommentierte Gewerkschaftssekretär Armin Zander die Beteiligung.
IG Metall vertritt bundesweit rund 3,9 Millionen Mitglieder
Die IG Metall vertritt deutschlandweit in der Tarifrunde rund 3,9 Millionen Beschäftigte unter anderem im Maschinenbau und der Kfz-Industrie. Allein in Niedersachsen sind 100.000 Beschäftigte betroffen.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrages war fälschlicherweise die Rede vom Batteriehersteller Varta in Hannover. Das Unternehmen heißt Clarios und stellt Batterien mit dem Markennamen Varta her. Wir haben den Fehler korrigiert.