Aus für drei deutsche VW-Werke? Betriebsrat droht mit Eskalation
Der Streit um den Sparkurs beim Autobauer VW droht zu eskalieren. Nach Angaben des Betriebsrats stehen mindestens drei Werke in Deutschland auf der Kippe. Der Betriebsrat droht mit massiven Konsequenzen.
VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo warf dem VW-Management bei einer Informationsveranstaltung in Wolfsburg am Montag vor, die Standorte in Deutschland auszuhungern. "Der Vorstand steht gegen uns", so Cavallo zu den Beschäftigten. Er spiele massiv mit dem Risiko der Eskalation. "Und damit meine ich, dass wir die Gespräche abbrechen und machen, was eine Belegschaft machen muss, wenn sie um ihre Existenz fürchtet", so Cavallo. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte VW auf, Arbeitsplätze zu erhalten.
Betriebsrat: "Vorstand will drei VW-Standorte dichtmachen"
Nach Angaben des Betriebsrats will Volkswagen mindestens drei Werke in Deutschland schließen. Über diese Pläne hatte Betriebsratschefin Cavallo die Belegschaft in Wolfsburg am Montag informiert. Zudem sollen zehntausende Stellen gestrichen werden. Noch unklar ist, welche VW-Standorte es treffen soll. Als gefährdet gilt beispielsweise das Werk in Osnabrück, nachdem es kürzlich einen erhofften Folgeauftrag von Porsche verloren hatte. Landesweit kamen zu den Infoveranstaltungen an vier unterschiedlichen Orten am Montag rund 25.000 Beschäftigte.
Beschäftigten drohen Lohnkürzungen
Die verbleibenden Standorte sollen nach Angaben von Cavallo schrumpfen. "Alle deutschen VW-Werke sind von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher", sagte die Betriebsratschefin. Ganze Abteilungen sollen demnach geschlossen oder ins Ausland verlagert werden. Die Outsourcing-Pläne sollen angelernte ebenso wie akademische Tätigkeiten betreffen. Für die Beschäftigten fordert das VW-Management laut Betriebsrat dauerhafte Lohnkürzungen von zehn Prozent und Nullrunden in den kommenden zwei Jahren - auch Zulagen und Boni sollen wegfallen. Damit könnten den Werksbeschäftigten Entgelteinbußen von bis zu 18 Prozent bevorstehen.
Volkswagen: "Die Lage ist ernst"
Der Volkswagen-Konzern bestätigte die Angaben bisher nicht. Schriftlich teilte das Unternehmen mit, man halte an dem Grundsatz fest, die Diskussion um die Zukunft der Volkswagen AG zuerst intern mit den Verhandlungspartnern zu führen. "Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen rund um die vertraulichen Gespräche", hieß es. Der Konzern stehe an einem "entscheidenden Punkt seiner Unternehmensgeschichte". Die Lage sei "ernst".
IG Metall spricht von "Kahlschlagfantasien"
IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger bezeichnete die möglichen Werkschließungen als "tiefen Stich in das Herz der hart arbeitenden VW-Belegschaft". Die "Rabiatpläne des Vorstandes" seien nicht hinnehmbar. Anstelle der "Kahlschlagfantasien von Volkswagen und seinem Vorstand" erwarte er "tragfähige Zukunftskonzepte" am Verhandlungstisch.
Es sei ohne Zweifel so, dass das Unternehmen in einer sehr schwierigen Situation ist und es große Herausforderungen in der technologischen Umstellung gäbe, die angegangen werden müssen, sagte Gröger im Interview mit NDR Info. Doch: "Die Vorgehensweise des Unternehmens ist aus unserer Sicht überhaupt nicht hinnehmbar."
Die IG Metall wolle sich gemeinsam mit dem Betriebsrat dafür stark machen, dass es nicht zu den negativen Szenarien kommt. Die Gewerkschaft erwartet von der Politik, "dass konkrete Maßnahmen definiert werden, wie Impulse gesetzt werden können, dass das Thema Elektromobilität wieder ein Stück weit nach vorne geht".
Zweite Tarifrunde am Mittwoch
Volkswagen und Gewerkschaft kommen in Wolfsburg in dieser Woche zu ihrer zweiten Tarifrunde zusammen. In Deutschland beschäftigt der Autobauer etwa 120.000 Menschen und hat derzeit zehn Werke, davon sechs in Niedersachsen, drei in Sachsen und eins in Hessen. Die VW-Konzernspitze hatte hinsichtlich der Kernmarke Anfang September verkündet, dass Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen seien.