Leichter Anstieg: Mehr Frauen in Niedersachsens Wissenschaft
Die Zahl der Forscherinnen an niedersächsischen Universitäten und Forschungseinrichtungen ist in den vergangenen Jahren - langsam - gestiegen. Unterrepräsentiert sind sie allerdings noch immer.
Marieke Oudelaar will Neues entdecken. Am Max-Planck-Institut für multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen ist sie Gruppenleiterin und forscht mit ihrem Team zur dreidimensionalen Struktur der menschlichen DNA. Im Laufe ihrer Karriere hat sie bereits einige Stationen zurückgelegt: Master in Stockholm, Promotion in Oxford und nun Göttingen. Ihr ist aufgefallen: "Als Wissenschaftlerin muss man sich mit unbewussten Vorurteilen auseinandersetzen. Ich glaube, das kann es zu Beginn der Karriere wirklich schwierig machen," erzählt die 34-Jährige. Ihr hat es geholfen, sich voll und ganz auf ihre Forschung zu konzentrieren und ihre Ergebnisse für sich sprechen zu lassen, so Oudelaar weiter.
Langsam mehr wissenschaftliche Mitarbeiterinnen
Im Team von Marieke Oudelaar arbeiten größtenteils Frauen. Das ist noch lange nicht in allen Forschungsbereichen Standard. Eine Abfrage von zehn Hochschulen, Universitäten und vier Forschungsinstituten in Niedersachsen zeigt: Der Frauen-Anteil unter den wissenschaftlichen Mitarbeitenden ist in den vergangenen fünf bis sechs Jahren immerhin leicht angestiegen. Durchschnittlich waren 2023 rund 41 Prozent der Forschenden an Hochschulen und Forschungseinrichtungen Frauen. Zum Vergleich: Drei Jahre zuvor waren es noch 38 Prozent. Mitunter gibt es auch Schwankungen oder stagnierende Werte, wie zum Beispiel an der Leibniz Universität Hannover. Dort machen Frauen seit rund sechs Jahren einen Anteil von 32 Prozent am wissenschaftlichen Personal aus.
TOP 3 - Höchster Anteil an wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen 2023
- Platz: HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen (54,4 Prozent des wissenschaftlichen Personals sind Frauen)
- Platz: Universität Osnabrück (43,4 Prozent des wissenschaftlichen Personals sind Frauen)
- Platz: Universität Göttingen (42,4 Prozent des wissenschaftlichen Personals sind Frauen)
Die "Leaky Pipeline" in der Wissenschaft
Hinzu kommt, dass sich auf den oberen Sprossen der Karriereleiter der Frauen-Anteil verringert. Im Schnitt ist nur ein Drittel der Professuren in Niedersachsen mit Frauen besetzt. Dass es in höheren wissenschaftlichen Positionen weniger Frauen als Männer gibt, wird in der Wissenschaft auch als "Leaky Pipeline" bezeichnet. Dieses Bild soll verdeutlichen, dass Frauen von Karrierestufe zu Karrierestufe förmlich aus dem Wissenschaftssystem "heraustropfen". Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung nennt zum Beispiel folgende Gründe für diesen Effekt:
- Aufgaben in einer Familie liegen traditionell eher bei Frauen und sind nur schwer vereinbar mit der wissenschaftlichen Karriere
- Das Wissenschaftssystem ist nach wie vor männlich geprägt und Frauen gegenüber voreingenommen
- fehlende Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen
- Mangel an Rollenvorbildern gerade in Führungspositionen
Familie oder Karriere?
Während einer wissenschaftlichen Laufbahn eine Familie zu gründen, kann herausfordernd sein, erzählt Angela Ittel. Genau das sei der Punkt, an dem viele Frauen den Wissenschaftsbereich verlassen. Ittel war als Professorin für Pädagogische Psychologie an der TU Berlin tätig und ist seit 2021 die Präsidentin der TU Braunschweig. Eine besonders herausfordernde Zeit in ihrer Karriere war, als ihre Kinder noch klein waren, erinnert sie sich. "Da habe ich das erste Mal wirklich auch den Druck der Gesellschaft gespürt." Ittel weiter. Ihre Familie habe sie damals sehr unterstützt und dabei geholfen, an der Karriere festhalten zu können. Angehenden Wissenschaftlerinnen rät sie mutig zu sein, sich zu vernetzen und sich Unterstützung zu holen.
Förderprogramme und Netzwerke
Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen arbeiten daran, dass mehr Frauen einen Platz im Wissenschaftssystem finden und bieten deshalb eine Vielzahl an Förderprogrammen. Marieke Oudelaar ist zum Beispiel durch das Lise-Meitner-Exzellenzprogramm Gruppenleiterin geworden. Das ermöglicht es ihr, später noch Professorin oder sogar Direktorin eines Instituts zu werden, wenn sie möchte. Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung gibt an, Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt einzustellen. An der Universität Oldenburg können sich Wissenschaftlerinnen zum Beispiel über das "Women Professors Forum" vernetzen.
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