Studium in der Pflege: Wissenschaft in die Praxis bringen
Seit einem Semester gibt es den Master-Studiengang "Advanced Nursing Practice" an der Uni Oldenburg. 16 Studierende wollen berufsbegleitend wissenschaftliche Erkenntnisse in die Pflege-Praxis bringen.
Johannes Schnatow überprüft die Herzfrequenz seines Patienten auf dem Bildschirm, schaut, ob die Infusion richtig läuft. Seit sechs Uhr morgens ist er auf den Beinen, im Schichtdienst auf der Intensivstation im Evangelischen Klinikum Oldenburg. "Mich reizt die Arbeit hier und die Beziehungen zu den Menschen. Es ist faszinierend, wie man Patientinnen und Patienten helfen kann", sagt der 30-Jährige.
Bessere Pflege dank Studium
Diese Hilfe will er jetzt intensivieren. Seit Oktober arbeitet er nicht nur als Pflegefachmann auf Station, sondern absolviert den neuen berufsbegleitenden Master "Advanced Nursing Practice" an der Universität Oldenburg. Dieser Master-Studiengang ist in Niedersachsen einmalig, in anderen Bundesländern gibt es ihn rund ein Dutzend Mal. "Die Anforderungen werden noch deutlich steigen in den nächsten Jahren und da ist es nur eine logische Konsequenz, dass der Pflege-Beruf eine eigene Wissenschaft betreibt", sagt Studiengangsleiterin Rebecca Palm.
Studium Pflege: Lernen von unterschiedlichen Fachbereichen
Die 16 Studierenden lernen im Studium von ganz unterschiedlichen Fachbereichen. Pharmakologie ist dabei, Versorgungsforschung, Gesundheitsökonomie, Geriatrie und Epidemiologie. Die Idee ist, dass die "Advanced Practice Nurse" - so der Titel nach dem abgeschlossenen Masterstudium - sich auf einen bestimmten Bereich in einer Pflegeeinrichtung spezialisiert. Dort bringt sie die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ein, zum Beispiel beim standardisierten Versorgen von Wunden. Helfen soll das den Patientinnen und Patienten - und dem Ansehen des Berufsstandes.
Wie bringt man die Wissenschaft in die Praxis?
Im Studium lernen die Pflegefachpersonen auch, wie man die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis umsetzen kann - und wie man sie im Kollegium kommuniziert. "Das ist manchmal gar nicht so einfach", weiß Pfleger Johannes Satow aus Erfahrung, der seinen Bachelor in Jena gemacht hat. "Es gibt Leute in der Pflege, die meinen, es besser zu wissen, weil sie es schon immer so gemacht haben. Aber es gibt auch Gruppen, die neue Erkenntnisse besser annehmen. Ich muss einen Weg finden, alle zu erreichen", erklärt der Oldenburger.
Erste positive Erfahrungen
Seine 31-jährige Kommilitonin Lisa-Marie Ohlrogge hat schon positive Erfahrungen gemacht. Sie arbeitet als pflegerische Stationsleitung in der Orthopädie im Pius Hospital Oldenburg. "Meine Kolleginnen und Kollegen fragen mich zu verschiedenen Dingen, auch, weil sie wissen, dass ich im Studium wissenschaftliche Erkenntnisse lerne."
Relativ unbekanntes Berufsbild
In Niedersachsen ist "Advanced Practice Nurse" noch ein relativ unbekanntes Berufsbild. "Es ist eine Herausforderung, die Akzeptanz von 'Advanced Practice Nurses' im Gesundheitssystem und bei anderen Gesundheitsfachberufen zu stärken", sagt Nina Fleischmann vom Pflegerat Niedersachsen. Denn der Beruf habe großes Potenzial. Johannes Schnatow weiß, wofür er sich die langen Tage mit Klinik-Alltag und Studium aufhalst: "Ich möchte gerne die Möglichkeit und die Kompetenz haben, etwas zu verändern, mehr Entscheidungen zu tragen. Auch wenn ich nicht sicher weiß, ob das in absehbarer Zukunft hier auch so sein wird."
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