Landesvorsitzender: Wer ist der AfD-Politiker Ansgar Schledde?
Die AfD in Niedersachsen hat am Samstag auf ihrem Parteitag einen neuen Parteichef gewählt: Ansgar Schledde übernimmt den Posten von Frank Rinck. Doch wer ist der Mann, der die AfD in Zukunft führen wird?
Ansgar Schledde hat in der Partei den schnellen Aufstieg geschafft: War er vor der Landtagswahl 2022 noch weitgehend unbekannt, gehört er inzwischen zu den führenden Köpfen in der niedersächsischen AfD. Schledde gilt als Netzwerker, als Mann, der im Hintergrund die Strippen zieht - und die Zügel nicht so schnell aus der Hand geben will.
Großteil der Kreisverbände will Schledde als Parteichef
Spricht man dieser Tage mit Schleddes Freunden in der Partei, wird schnell klar: Für viele gilt er als Hoffnungsträger. Er soll die AfD in Niedersachsen weiter stabilisieren. Der Landtagsabgeordnete Stephan Bothe sagte Anfang der Woche: "Ein Großteil der Kreisverbände hat sich dafür ausgesprochen, dass Ansgar Schledde neuer Landesvorsitzender wird." Auch Schledde ist überzeugt, er kann die Partei nach vorne bringen - seine Ziele benennt er in einer NDR Anfrage eindeutig: Mitgliederzahl steigern, Partei professionalisieren. "Die Altparteien haben abgewirtschaftet, sie steuern das Land in Niedergang und Verfall", heißt es in einem schriftlichen Statement Schleddes. Ein fest verabredetes Interview sagt Schledde kurzfristig ab.
Lagerkämpfe überwunden?
Der Landesverband der AfD in Niedersachsen galt lange als zerstritten. 2020 kämpften die Lager von Dana Guth und Jens Kestner darum, Oberhand in der Frage des Führungsstils zu gewinnen. Kestner, der dem rechtsextremen AfD-Politiker Björn Höcke nahe steht, setzte sich durch. Kestner wurde dann keine zwei Jahre später aber selbst abgesägt. Das Lager um den eher unauffälligen Frank Rinck übernahm die Parteiführung - im Hintergrund zog aber Ansgar Schledde die Strippen. Nun will Schledde selbst in den Vordergrund treten und dann "in der Regierungsverantwortung unserem Land wieder eine echte Zukunft geben", schreibt er vor der Wahl zum Vorsitzenden auf Anfrage. Und dabei hat er Unterstützung. Parteifreunde bestätigen, dass er es geschafft habe, die zerstrittene AfD zu einen.
Wie bürgerlich ist Ansgar Schledde?
Offenbar verfolgt die AfD mit der Personalie Schledde auch das Ziel, der Partei zumindest nach außen ein "bürgerliches Gewand" zu verleihen, wie es von Mitgliedern heißt. Doch wie bürgerlich ist der AfD-Politiker wirklich? Noch vor zwei Jahren sagte Schledde in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Weiter als von Björn Höcke könnte ich von einem Menschen nicht entfernt sein." Inzwischen ist er eng mit Stephan Bothe verbunden, der damit auffiel, den Höcke-Flügel in Niedersachsen wiederbeleben zu wollen.
Schledde war offenbar an Angriff auf Haus eines Kommunalpolitikers beteiligt
Ein Blick in Schleddes Vergangenheit zeigt außerdem: Im Jahr 2000 war er offenbar an einem Angriff auf das Haus eines Kommunalpolitikers beteiligt. Mit einer Gruppe von Männern soll er vor dem Haus randaliert, die Tür eingeschlagen und das "Deutschlandlied" skandiert haben. Schledde bestätigte auf NDR Anfrage, dass es einen Vorfall gegeben habe. "Jedoch habe ich weder die Haustür eingeschlagen, noch etwas belagert. Ich bin lediglich auch am Objekt entlang gegangen." Doch offenbar gab es dazu eine außergerichtliche Einigung. Nach Informationen von NDR Niedersachsen kam es im Verfahren zu einer Einstellung gegen Auflage. Schledde und ein weiterer Mann mussten außerdem die Verfahrenskosten des Betroffenen tragen.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schledde
Auch danach wurde aber immer wieder gegen Schledde ermittelt. Die meisten Verfahren wurden eingestellt. Verurteilt wurde er wegen Insolvenzverschleppung. Diese Verurteilungen und weitere Ermittlungen räumt Schledde auf Anfrage ein. "Jeder Mensch macht in seinem Leben Fehler. Wichtig ist, wie man mit seinen Fehlern umgeht." Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt aktuell wegen eines Verstoßes gegen das Parteienrecht.
"Kriegskasse" ist Bestandteil der Ermittlungen
Grund sind Zahlungen mehrerer namhafter AfD-Politiker auf Schleddes Privatkonto, die offenbar nicht als Parteispenden abgerechnet worden sein sollen. Schledde bestreitet, dass die Zahlungen für Parteizwecke genutzt wurden, doch die Verwendungszwecke "Kriegskasse", "Mandatsträger" und "Wahlkampf" deuten durchaus auf einen direkten Parteibezug hin. Bekannt wurden die Zahlungen auf die sogenannte Kriegskasse durch den AfD-Aussteiger Christopher Emden. Er behauptete schon vor knapp zwei Jahren, Schledde nehme Geld für Listenplätze bei der Bundestagswahl 2021 und der Landtagswahl 2022.
Landgericht Verden sieht Einfluss auf Aufstellung zur Landtagswahl
Schledde verklagte den AfD-Aussteiger auf Unterlassung. Brisant: Das Landgericht Verden kam zu dem Schluss, dass Emdens Vorwürfe glaubhaft seien. In der Urteilsbegründung des Landgerichts, die dem NDR vorliegt, heißt es, die Verwendungszwecke deuten nach "Auffassung der Kammer sehr wohl darauf hin, dass Gelder eingezahlt wurden, um zumindest mittelbar Einfluss darauf zu nehmen, wer zu den Wahlen für den Landtag aufgestellt wurde". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Schledde hat Rechtsmittel eingelegt.
Schledde hält an Kandidatur fest
Kritische Stimmen in der Partei sagen: "Wer etwas werden will, der braucht Ansgar Schledde." Ex-AfD-Mann Emden spricht im Gespräch mit dem NDR von einem Wandel der Person: "Ich habe damals den Kreisparteitag geleitet, wo Ansgar Schledde Kreisvorsitzender wurde. Da war er ein anderer Mensch. Aber er ist durch die Partei auch ein Stück weit verdorben, kann man sagen." Trotz der aktuellen Ermittlungen hielt Schledde weiter an seiner Kandidatur auf dem Landesparteitag der AfD in Unterlüß bei Celle fest. Michael Koß, Politikwissenschaftler an der Leuphana Universität Lüneburg bewertet das so: Während das in anderen Parteien durchaus ein Rücktrittsgrund sein könne, sei das bei der AfD anders. Das Personal der AfD sei "sogar angetreten, um Regeln zu brechen".