Verfahren gegen Parlamentarier in Niedersachsen häufen sich
Am Mittwoch hat der Landtag die Immunität der AfD-Abgeordneten Ansgar Schledde und Thorsten Moriße aufgehoben. Nicht die einzigen Fälle: Immer häufiger muss sich der Landtag mit Ermittlungen befassen.
Nach etwas mehr als einem Regierungsjahr hat sich der Landtag bereits mit vier Immunitäts-Angelegenheiten beschäftigt. Das seien so viele wie in der kompletten vergangenen Wahlperiode, sagte ein Sprecher des Landtages dem NDR Niedersachsen. Grundsätzlich muss der Landtag die Immunität einzelner Abgeordneter nicht aufheben. Wie schon in der vergangenen Legislaturperiode haben sich die Abgeordneten darauf verständigt, dass die Staatsanwaltschaften ohne Zustimmung gegen Landtagsmitglieder ermitteln dürfen. Allerdings gibt es Ausnahmen: Wenn die Ermittlungsbehörden Wohnräume oder Büros durchsuchen, Anklage erheben oder einen Strafbefehl erlassen wollen, muss das Parlament zustimmen.
Gericht will Hauptverhandlung gegen Moriße eröffnen
Mit dem AfD-Politiker Thorsten Moriße muss sich der Landtag bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr befassen. Am Mittwoch stimmte das Parlament erneut einer Aufhebung seiner Immunität zu. Diesmal geht es um ein Verfahren, das am Amtsgericht Wilhelmshaven gegen den Abgeordneten läuft. Das Gericht will die Hauptverhandlung gegen Moriße eröffnen, bestätigte der stellvertretende Direktor des Amtsgerichts dem NDR. Der Vorwurf: Moriße soll einen Polizeibeamten falsch verdächtigt haben.
Moriße bestreitet Tat
Konkret soll der AfD-Politiker behauptet haben, von einem Polizisten an seinem operierten Handgelenk verletzt worden zu sein. In der Folge soll Moriße ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten angestrengt haben. Doch möglicherweise hat es diese Tat nicht gegeben. Dies will das Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung ermitteln. Wann diese eröffnet wird, sei allerdings noch unklar, sage der Amtsgerichtsdirektor dem NDR. Moriße sagte auf NDR-Anfrage: "Für diesen ganzen Vorfall existieren Zeugen." Er blicke dem Verfahren gelassen entgegen. Moriße und seine Anwälte "vertrauen der Gerichtsbarkeit in Wilhelmshaven".
Weitere Ermittlungen gegen Moriße wegen Beleidigung
Erst in der Landtagssitzung im März war in einem anderen Fall Morißes Immunität aufgehoben worden. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg wirft ihm vor, in einer Debatte im Wilhelmshavener Stadtrat den Oberbürgermeister Carsten Feist (parteilos) beleidigt zu haben. Und auch darüber hinaus wird gegen den AfD-Politiker ermittelt: Die Staatsanwaltschaft Göttingen, die auch die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet ist, prüft den Verdacht der Volksverhetzung.
Auch Immunitätsaufhebung bei SPD
Mit Moriße und Schledde wurde bereits die Immunität von zwei AfD-Abgeordneten aufgehoben. Darüber hinaus wurde auch gegen einen Sozialdemokraten ermittelt. Dem Landtagsabgeordneten Jörn Domeier wurde Beleidigung vorgeworfen. "Im deutschen Rechtssystem gilt die Unschuldsvermutung. Seinerzeit habe ich selbst für die Aufhebung meiner Immunität gestimmt", sagte Domeier dem NDR Niedersachsen. "Ich bin froh, dieses Kapitel abschließen zu können, da sich die Vorwürfe als haltlos erwiesen haben", ergänzte er. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig wurden inzwischen eingestellt.