Länder dürfen künftig Abschuss-Gebiete für Wölfe ausweisen
In Regionen mit vielen Nutztierrissen dürfen Wölfe unter besonderen Voraussetzungen abgeschossen werden. Das haben die Umweltminister der Länder bei der gemeinsamen Konferenz in Münster beschlossen.
Damit kann der Vorschlag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) Anfang des kommenden Jahres von den Ländern umgesetzt werden. Sie sollen Gebiete festlegen, in denen es vermehrt zu Wolfsrissen gekommen ist. Ist das geschehen, könne in diesen Regionen nach einem Nutztierriss schneller und unbürokratischer gehandelt werden. Hat ein Wolf dort einen Schutzzaun überwunden und ein Nutztier getötet, dürfen 21 Tage lang Wölfe im Umkreis von 1.000 Metern geschossen werden. Ein DNA-Nachweis ist dem Entwurf zufolge nicht nötig.
Niedersachsen will die Regelung schnell umsetzen
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) begrüßte die neue Regelung. "Niedersachsen setzt sich seit Langem für pragmatische, einfache und schnellere Entnahmen von Wölfen in Regionen mit hohen Nutztierschäden trotz bestehendem Herdenschutz ein", sagte Meyer am Freitag. Er kündigte am Freitag bei NDR Niedersachsen an, das Ziel der Landesregierung sei es, die Regelung bereits Anfang kommenden Jahres umzusetzen.
Minister Backhaus: "Gordischer Knoten durchschlagen"
Mecklenburg-Vorpommerns Umwelt- und Agrarminister Till Backhaus (SPD) hat die neuen Möglichkeiten für Wolfsabschüsse als "Durchbruch" bezeichnet. "Seit über 15 Jahren arbeite ich an dem Thema und heute haben wir den gordischen Knoten durchgeschlagen." Die Einigung sei ein guter Kompromiss zwischen Artenschutz und Nutztierhaltung.
Goldschmidt lobt angemessene Entbürokratisierung
Nach Ansicht des schleswig-holsteinischen Umweltministers Tobias Goldschmidt (Grüne) sind die am Freitag von Bund und Ländern gefassten Abschussregeln für Wölfe vernünftig. "Es besteht Einigkeit darüber, dass Herdenschutzmaßnahmen ausschlaggebend für ein möglichst konfliktarmes Miteinander von Weidetierhaltung und Wolfsvorkommen sind", sagte Goldschmidt. Gleichzeitig seien die Beschlüsse eine angemessene Entbürokratisierung bei der Entnahme auffälliger Wölfe.
Nordrhein-Westfalen und Hessen begrüßen Einigung
Nordrhein-Westfalens Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) sagte zum Abschluss der Konferenz: "Die natürliche Rückkehr des Wolfes in seine angestammten Gebiete stellt uns vor Herausforderungen." Mit dem Beschluss könne man den Interessen des Naturschutzes und dem Schutz der Weidetierhaltung gerecht werden. "Wir brauchen darüber hinaus aber bundesweit eine praxisgerechtere und rechtssichere Vorgehensweise, um verhaltensauffällige Einzelwölfe zu entnehmen", sagte er. Auch die hessische Umweltministerin, Priska Hinz (Grüne), begrüßte die Neuregelung: "Mit dem heutigen Beschluss der Umweltministerkonferenz beschreiten Bund und Länder einen neuen Weg, um ein möglichst konfliktarmes Miteinander von Wolf und Weidetierhaltung in Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen zu erreichen."
Jagdverband kritisiert Einigung der Länder
Der Deutsche Jagdverband (DJV) zeigte sich enttäuscht von der Einigung der Länder. "Es ist ein schlichtes Rissreaktionsmanagement, aber kein regional differenziertes Bestandsmanagement", sagte DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke. Der Beschluss setze nicht ansatzweise den Koalitionsvertrag der Bundesregierung um. Es sei verpasst worden, die Weichen für ein möglichst konfliktfreies Zusammenleben mit dem Wolf zu stellen, so Dammann-Tamke.
Abschussregelung mit EU-Recht vereinbar
Die nun angenommenen Vorschläge hatte Bundesumweltministerin Lemke bereits im Oktober vorgelegt. Sie seien mit dem EU-Recht vereinbar, sagte Lemke am Freitag in Münster. Langwierige Gesetzesänderungen auf Bundes- und EU-Ebene seien durch den Beschluss nicht notwendig. Das Vorgehen bei problematischen Wölfen sei auch ein Zeichen der Versöhnung, um den gesellschaftlichen Konflikt zu befrieden, sagte Lemke.
Bislang keine Übergriffe auf Menschen
Die Zahl der Wolfsübergriffe auf Nutztiere ist im vergangenen Jahr auf mehr als 1.000 Fälle gestiegen. Dabei wurden mehr als 4.000 Nutztiere getötet oder verletzt, wie aus einem Bericht der Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf hervorgeht. Als effizienteste Maßnahme zum Schutz von Nutztieren stellt der Bund Herdenschutzmaßnahmen wie Zäune und Herdenschutzhunde heraus. Der Umweltverband BUND fordert dafür Mindeststandards. Seit der Rückkehr des Wolfs nach Deutschland vor mehr als 20 Jahren gab es laut Bundesumweltministerium keine Wolfsübergriffe auf Menschen.