Kennen Sie Teek? Es macht Probleme an Niedersachsens Deichen
Jeden Winter spült das Meer Pflanzenmaterial, den sogenannten Teek, an die Küste. Seit ein paar Jahren so viel, dass die Deichverbände in Niedersachsen an ihre Grenzen kommen.
Oberdeichrichter Meint Hensmann stakst langsam am Fuß des Rheiderländer Emsdeiches bei Nendorp entlang. Vorsichtig. Denn mit jedem Schritt versinkt er knietief in einem halbgefrorenen Dickicht aus abgebrochenen Schilfhalmen, dünnen Holzstückchen und abgestorbenen Pflanzenresten. "Teek" nennt man dieses Treibgut, und für die Menschen am Deich gehört es seit Jahrhunderten zur Wintersaison - jedes Mal wenn Wind und Sturmfluten gegen die Küste branden, tragen sie das Material aus dem Meer und dem Vorland an die Deiche. Doch wo früher ein schmaler Spülsaum liegen geblieben ist, finden die Deichschützer heute oft eine geschlossene Schicht aus Pflanzenresten vor - meterbreit und oftmals knietief.
Teek gefährdet die Deichsicherheit
Für Hensmann und seine Kollegen von den anderen Deichverbänden an der Küste ist das ein ernsthaftes Problem. Denn liegen bleiben darf der Teek auf den Deichen keinesfalls. "Wenn wir das Material nicht wegräumen, dann erstickt es das darunterliegende Gras", erklärt Hensmann. "Und ohne eine geschlossene Grasnarbe fehlt den Deichen im nächsten Winter der nötige Halt. Bei einer schweren Sturmflut könnte es dann sogar zu Deichbrüchen kommen."
Doch dieses Wegräumen ist aufwendig und teuer. Jedes Frühjahr, wenn die Sturmsaison vorbei ist, rücken die Deichverbände mit schwerem Gerät und vielen Helfern an, um die Deiche in langwierigen Aktionen vom Teek zu befreien. Viel Arbeit war das schon immer - doch seit einigen Jahren stellen Hensmann und seine Kollegen fest, dass sie immer mehr Teek wegräumen müssen.
Mehr Teek durch mehr Naturschutz am Deich
Hensmann schätzt, dass an vielen Deichabschnitten seiner Rheider Deichacht heute zwei- bis dreimal mehr Teek angespült wird als vor 20 Jahren. Den Grund dafür sieht er vor allem in einer veränderten Nutzung des Deichvorlands. "Früher wurde dort oft Landwirtschaft betrieben. Da standen Kühe, die Wiesen wurden gemäht, entsprechend war das Gras kurz und es gab einfach nicht so viel Pflanzenmaterial, das im Herbst absterben und angeschwemmt werden konnte". Doch seit in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Naturschutzflächen vor dem Deich ausgewiesen werden, ändere sich das. "Heute haben wir Salzwiesen oder Reetdickichte ohne menschlichen Einfluss. Dort wachsen andere Pflanzen, und sie wachsen viel höher. Im Herbst sterben sie ab, dann werden die Gebiete überflutet, und am Ende haben wir das alles am Deich."
Deiche schützen - doch wohin mit dem Teek in Niedersachsen?
Doch nicht nur der gesteigerte Aufwand beim Wegräumen des Teek stellt die Deichverbände vor Herausforderungen. Auch die Frage, was mit den vielen Tonnen Pflanzenmaterial passieren soll, beschäftigt Hensmann und viele seiner Kollegen. "Bis vor ein paar Jahren konnten wir den Teek hinterm Deich vergraben. Schließlich ist das ja normale Biomasse, die dann einfach zu Humus kompostiert."
Teek darf nicht mehr kompostiert werden
Doch seit ein paar Jahren sei das nicht mehr möglich. "Inzwischen wird Teek vom Gesetz als Abfall definiert. Und Abfall dürfen wir nicht mehr einfach ausbringen oder kompostieren. Der muss entsorgt werden." Eine Entsorgung auf einer Deponie würde allerdings Geld kosten - viel Geld, das die lokal organisierten Deichachten oft kaum aufbringen könnten. Auch im Rheiderland lagert noch ein 30 Meter langer und zehn Meter breiter Haufen Teek aus dem vergangenen Jahr, den die Deichacht noch nicht losgeworden ist. Und für diesen Winter erwartet Hensmann noch einmal ein Vielfaches dieser Menge.
Eine Lösung für die Teek-Problematik muss her
Um das Problem in den Griff zu kriegen, sieht Hensmann gleich mehrere Lösungsansätze. Am sinnvollsten sei es, die Naturschutzflächen wieder zu bewirtschaften und zu mähen, dann würde auch weniger Teek anfallen. Ob das allerdings realisierbar wäre, ist fraglich - denn größere menschliche Eingriffe in Naturschutz- oder Nationalparkflächen sind nicht einfach so möglich. Und auch bei der Entsorgung wünscht sich der Deichrichter weniger Beschränkungen: "Das ist ja gutes Pflanzenmaterial. Wenn man uns erlauben würde, das zu Humus zu kompostieren und als Dünger auf die Felder zu bringen, dann wären wir schon ein ganzes Stück weiter". Und falls auch das nicht klappen sollte, wünscht sich Hensmann, dass sich das Land Niedersachsen zumindest stärker an den Entsorgungskosten der Deichverbände beteiligt - schließlich komme ein Großteil des Teeks ja auch von den Naturschutzflächen des Landes.