Hauptsache, kein Grüner? Was Landwirte vom künftigen Minister erwarten
Am Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) haben viele Landwirte kein gutes Haar gelassen. Aber dass mit einem unionsgeführten Ministerium alles besser wird, glauben Niedersachsens Bauern auch nicht.
"Die Ampel muss weg", hatte Renke von Seggern Anfang 2024 auf ein Plakat geschrieben, es an seinem Trecker befestigt und ist von Dingstede im Landkreis Oldenburg nach Berlin gefahren, zur Demo. Mittlerweile ist die Ampelkoalition tatsächlich Geschichte, und damit auch die Agrarpolitik, die der 37-jährige Landwirt für weltfremd und falsch hält. "Hauptsache kein Grüner, das trifft es schon ganz gut", lacht der Bullenmäster, wenn er nach seinen Erwartungen an den oder die Neue im Bundeslandwirtschaftsministerium gefragt wird. "Wir brauchen Leute aus der Praxis, die wissen, was draußen auf den Höfen los ist und die gut vernetzt sind. " Und solche Politiker seien rar gesät, unabhängig vom Parteibuch.
Düngeverordnung und Dokumentationspflicht

Renke von Seggern hätte mit dem CSU-Mann Günther Felßner gut leben können. Der wurde bereits als Nachfolger Cem Özdemirs gehandelt, verzichtete aber auf den Posten, nachdem Tierschutzaktivisten auf seinen Hof eingedrungen waren. "Der kennt sich wenigstens aus, hat einen eigenen Betrieb", sagt Renke von Seggern. Wer auch immer der Neue wird, zwei Dinge sollten sich aus Sicht des Bullenmästers dringend ändern: "Die Düngeverordnung muss in ihrer jetzigen Form weg, die Erhebung der Daten ist ungerecht, wir Landwirte werden für Messergebnisse verantwortlich gemacht, für die wir nichts können." Auch der Bürokratieabbau sei ein wichtiger Punkt für ihn und seine Kollegen: "Wir müssen alles doppelt und dreifach dokumentieren und haben das Gefühl, wir müssten ständig unsere Unschuld beweisen", klagt Renke von Seggern.
Landwirte in Niedersachsen: Wo sind die Leute vom Fach?
Sein Berufskollege Eike Bruns aus der Wesermarsch klingt vor allem resigniert, wenn es um die Neubesetzung des Bundeslandwirtschaftsministeriums geht. "Hast du eine Kuh, wähle CDU - so einfach ist das nicht mehr", sagt der Landwirt, der unter anderem Rinder, Milchkühe und Geflügel hält. Die letzten CDU-Minister seien auch keine Leute vom Fach gewesen. "Ich glaube nicht, dass sich etwas ändert, selbst wenn das Ministerium nun an die Union geht", zeigt sich Bruns frustriert. Es seien auch nicht alle Ideen der Grünen schlecht gewesen, findet der Landwirt und verweist auf die Anfänge der Biogasanlagen. Aber: Zu viel Bürokratie, zu viele Auflagen und mangelnde Planungssicherheit würden den Bauern das Leben schwer machen. Dass ein neuer Minister daran schnell etwas ändern kann, glaubt Eike Bruns nicht.
Landwirtschaft kommt in der Debatte zu kurz
Der Vorsitzende des Kreislandvolkverbandes Oldenburg, Detlef Kreye, teilt diese Sorgen. Mehr noch: "Mein Eindruck ist, dass das Thema Landwirtschaft und Versorgungssicherheit momentan überhaupt keine Rolle spielt in den Verhandlungen und in der öffentlichen Debatte." Er fordert vom künftigen Landwirtschaftsminister, nicht immer neue Gesetze auf den Weg zu bringen, sondern den Landwirten mehr Planungssicherheit zu verschaffen. "Die finanzielle Lage ist auf vielen Höfen gar nicht das Problem, aber Landwirte haben einfach kein Vertrauen mehr in die Politik", verdeutlicht Detlef Kreye. Ob ein neuer Minister oder eine Ministerin daran etwas ändern kann? Da ist der Vorsitzende des Kreislandvolks sehr gespannt.
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