Flüchtlingsrat warnt: Bezahlkarte kann Freiheit einschränken
Ein Bündnis aus Verbänden und dem Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert die Landesregierung auf, die neue Bezahlkarte für Asylbewerber diskriminierungsfrei zu gestalten. Ansonsten drohe die Ausgrenzung Geflüchteter.
Die rot-grüne Regierung habe in ihrer Koalitionsvereinbarung versprochen, Diskriminierungen abzubauen und Rassismus zu bekämpfen, sagte Claire Deery, Vorsitzende des Flüchtlingsrats Niedersachsen. "Eine Einschränkung der Bargeldverfügung und der Überweisungsfunktion wäre mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar", so Deery.
Diskussion über die Gestaltung der Bezahlkarte
Die Einführung der Bezahlkarte ist schon lange beschlossen. Nun liegt es an den Leistungsbehörden der Bundesländer, zu entscheiden, wie viel Bargeld die Karteninhaber abheben dürfen. In Niedersachsen soll es dafür einheitliche Lösungen geben. Die oppositionelle CDU fordert, das verfügbare Bargeld auf 50 Euro pro Monat zu begrenzen.
Bargeld im Alltag unerlässlich
Das Bündnis kritisiert, dass die Begrenzung des Bargelds auf 50 Euro pro Monat den Karteninhabern oft nicht ermögliche, ihre alltäglichen Bedürfnisse zu decken. Besonders kritisch sei dies für den Zugang zu kostengünstigen Angeboten von Sozialkaufhäusern, Gebrauchtwarenmärkten, Flohmärkten und Tafeln. Auch die Bezahlung von anwaltlicher Vertretung im Asylverfahren sei ohne ausreichendes Bargeld nicht möglich. Kinder benötigten zudem Kleinstbeträge in bar - zum Beispiel für Schulausflüge.
Eingeschränkte Nutzung sei problematisch
Grundsätzlich sei die digitale Bezahlkarte "zeitgemäßer als das Schlangestehen für Bar-Auszahlungen", so Gerhard Tepe, Direktor des Landes-Caritasverbandes für Oldenburg. Kritisch sieht Tepe aber die eingeschränkte Nutzung der Karte. Ohne Überweisungsfunktion sei es beispielsweise nicht möglich, regelmäßig Mitgliedsbeiträge für Sportvereine oder das Deutschland-Ticket zu bezahlen. Dies erschwere die Integration und Mobilität der Geflüchteten erheblich.
Faire Umsetzung ist möglich - aber auch gewollt?
Das Bündnis fordert, dass die Bezahlkarte so gestaltet wird, dass sie wie eine reguläre Debit- beziehungsweise EC-Karte in allen Geschäften und für alle Dienstleistungen einsetzbar ist. Es dürften keine bestimmten Händlergruppen ausgeschlossen werden, und der gesamte Bargeldbetrag müsse abhebbar sein. Als Vorbild für eine faire Bezahlkarte könnte die hannoversche "SocialCard" dienen. In Hannover bekommen Asylbewerber ohne deutsches Bankkonto seit Ende 2023 ihr Geld als Guthaben auf eine Debitkarte gebucht. Diese Karte hat keine Auflagen, die Empfänger können ihr Geld frei ausgeben, sowohl innerhalb Deutschlands als auch im Ausland. Eine Kontrolle findet nicht statt.
Innenministerin: "Nicht stigmatisieren"
Innenministerin Daniela Behrens (SPD) betonte bereits Anfang des Jahres, dass die Landesregierung die Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge nicht einschränken wolle: "Unser Ziel bei der Einführung der Bezahlkarte ist nicht, Asylsuchende zu stigmatisieren". Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte, dass Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt werden und man hoffe, noch in diesem Jahr flächendeckend mit der Bezahlkarte starten zu können.