Der Test: Gebrauchtes Elektroauto - Wie fit ist der Akku?

Stand: 05.04.2023 06:00 Uhr

Wer einen Gebrauchtwagen kauft, will vor allem wissen, wie alt er ist und wie viele Kilometer er gefahren ist. Bei einem gebrauchten E-Auto kommt eine Frage hinzu: Wie steht es um den Akku?

von Olaf Kretschmer

Hallo Niedersachsen hat zusammen mit dem Computermagazin c't den Test gemacht. Die Tester wollten wissen, wie es um die Akku-Leistung eines gebrauchten Elektroautos bestellt ist und wie sich diese am verlässlichsten feststellen lässt.

Je älter der Akku, desto weniger Reichweite hat das E-Auto

Das wichtigste Kriterium beim Kauf eines Elektroautos ist die Reichweite. Die hängt maßgeblich von der Größe der Batterie ab - und vom Zustand des Akkus. Denn mit zunehmender Lebensdauer bauen die Energielieferanten ab. Da mag zwar auf der Anzeige hinter dem Lenkrad stehen, dass die Batterie zu 100 Prozent geladen ist. Aber ein alter Akku kommt dann trotzdem nicht mehr auf die gleiche Reichweite wie ein neuer.

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Drei Akku-Tests im Vergleich

Bei einem gebrauchten Verbrenner reicht ein Blick auf den Fahrzeugschein und den Kilometerstand. Schon hat der potenzielle Käufer die wichtigsten Entscheidungshilfen zur Hand. Eine Batterie liefert solche Informationen nicht. Abhilfe schaffen da Tests. Davon werden inzwischen unterschiedliche angeboten.

Test eins: Batterieanalyse aus Österreich

Eine Aviloo Testbox liegt in einem Fahrzeug. © NDR
Die Box von Aviloo wird ans Auto angeschlossen.

Die österreichische Firma Aviloo hat einen Premiumtest auf den Markt gebracht. Für 100 Euro schickt Aviloo dem Kunden eine Box, die an das Auto angeschlossen wird. Für den Test hat der Fahrer eine Woche Zeit, in der er den voll geladenen Akku auf unter 10 Prozent fast leer fahren muss. Danach geht die Box zurück nach Österreich und dort werden die Daten ausgelesen.

Nach drei Jahren: 94 Prozent Akkuleistung

Wir testen einen drei Jahre alten Renault Zoe, der 41.000 Kilometer gelaufen ist. Aviloo schickt nach wenigen Tagen ein Batteriezertifikat: Der Akku hat demnach noch eine Leistung von 94 Prozent. Das Auto kommt damit 372 Kilometer weit. 23 Kilometer weniger, als wenn es neu wäre.

Hilfreiche Informationen für Autobesitzer, allerdings ist der Test sehr aufwendig. Dazu kommt das Problem, dass die Batterie fast geleert werden muss. Das muss der Fahrer gut planen, denn die nächste Ladesäule sollte unbedingt in der Nähe sein.

Besonders für Verkäufer geeignet

Ein Mann steht an einer E-Ladestation. © NDR
Der Test aus Österreich sei vor allem etwas für Verkäufer, meint Sven Hansen.

Wer ein Auto kaufen möchte, wird wohl kaum die Zeit haben, bei einer Probefahrt die Batterie fast leer zu fahren. Außerdem dauert es einige Tage, bis das Ergebnis kommt. "Der Test ist vor allem für Verkäufer geeignet, die es besonders genau wissen wollen", sagt Sven Hansen, Technikredakteur beim c't Magazin. "Es gibt von Aviloo auch einen Schnelltest, der ist dann aber nicht so genau."

Verkäufer können potenziellen Käufern das Zertifikat vorlegen. Eine Art Gesundheitszeugnis für die Batterie. Beim Verkauf dürfte das ein Vorteil sein.

Test zwei: Schnelltest von der Dekra

Die Dekra Hannover bietet einen schnellen Test an, der ebenfalls rund 100 Euro kostet. Dafür lässt er sich innerhalb einer Stunde durchführen. Auch bei der Dekra wird eine kleine Box an das Auto angeschlossen. Der eigentliche Batterietest ist dann aber in wenigen Minuten erledigt. Dafür beschleunigt ein Dekra-Tester den Zoe auf einer wenige 100 Meter langen Strecke auf mehr als 60 Kilometer pro Stunde. Und das war es auch schon. Das Ergebnis erscheint sofort auf einem Tablet: Die "Gesundheit" des Akkus im Renault Zoe liegt danach bei diesem Test noch bei 100 Prozent.

Die Autohersteller bauen Reserven ein

Ein Ergebnis, dass bei einer drei Jahre alten Batterie wenig plausibel erscheint. Das Geheimnis dahinter: Die Hersteller verwenden häufig Akkus mit höherer Kapazität als im Datenblatt angegeben. Denn sie müssen garantieren, dass die Batterie nach sieben Jahren noch 80 Prozent Leistung bringt. Der Test der Dekra orientiert sich an den Herstellerangaben, daher ist der Wert hier höher als bei Aviloo. Nach drei Jahren hat der Zoe also noch die gleiche Reichweite wie der Hersteller sie für Neuwagen verspricht. "Die Batteriealterung verläuft grob in vier Phasen", erklärt Kay Maywald von der Dekra. "Das Testfahrzeug befand sich eindeutig noch in der ersten Phase." Als Neuwagen hatte der Zoe eine größere Reichweite. Sie ist aber immer noch so hoch wie vom Hersteller anfangs versprochen.

Test drei: Der Billigtest zum Selbertesten

Ein Mann hält ein Smartphone und ein Testgerät für Akkus in den Händen. © NDR
Die Lesegeräte werden über eine App ausgelesen.

Für rund 20 Euro gibt es bei Online-Händlern sogenannte OBD-Dongles oder OBD-Stecker. OBD steht für On-Board-Diagnose. Die kleinen Lesegeräte werden an die Diagnoseschnittstelle des Autos angeschlossen, genauso wie die Boxen aus den anderen Tests. Die meisten Autobauer verschlüsseln die Daten nicht. Über eine Smartphone-App können sie ausgelesen werden. Unter anderem die für das Batteriemanagement. Das bedeutet, das Auto weiß eigentlich selbst, wie es um die Batterie bestellt ist. Der Zoe gibt seine Batteriegesundheit mit 91,78 Prozent an.

Keine Pflicht für Autobauer

Wenn das so simpel funktioniert, weshalb wird dieser Wert dann nicht einfach im Display am Armaturenbrett angezeigt? Man mag es für eine Gesetzeslücke halten. Aber die Autohersteller sind schlicht und einfach nicht verpflichtet, die internen Informationen preiszugeben. Eigentlich liegen alle Daten vor. "Das Batteriemanagementsystem dokumentiert zwar alle Lade- und Entladevorgänge - mithin den schleichenden Verfall - und ermittelt daraus den Zustand der Batterie, behält diese Informationen aber für sich", sagt Sven Hasen vom c't Magazin.

Das dürfte mit möglichen Garantieansprüchen zusammenhängen. Denn woher soll ein E-Auto-Halter wissen, wie fit sein Akku nach sieben Jahren noch ist, ob der die garantierten 80 Prozent Leistung noch bringt? "Was der Kunde nicht weiß, macht ihn nicht heiß", so Sven Hansen.

Fazit der Akku-Tests

Ein genauer Test wie von Aviloo ist aufwendig und teuer, lohnt sich also nur für Verkäufer, die belegen wollen, dass der Akku in einem guten Zustand ist. Für Käufer könnte es interessant sein, die internen Daten eines Gebrauchten selbst auszulesen. Dann haben sie zumindest einen Anhaltspunkt. Der Dekra-Test scheint erst sinnvoll, wenn es um E-Autos geht, die deutlich älter sind als drei Jahre. Denn einen drei Jahre alten Akku als neu einzustufen, scheint bei der Entscheidungshilfe wenig hilfreich.

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 05.04.2023 | 19:30 Uhr

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