Was tun, wenn's brennt? Die Feuerwehr und das Elektroauto
Jahr für Jahr steigt die Zahl der Elektroautos. Kommt es zu einem Unfall oder gar zu einem Brand, muss die Feuerwehr ran, denn ein beschädigter Hochleistungs-Akku kann schnell gefährlich werden.
Für einige Feuerwehrleute, gerade in der Fläche, ist der Umgang mit den verbauten Energiespeichern noch neu. Damit sich das ändert, unterrichten sich die Feuerwehren in Niedersachsen selbst.
Seminare: Wie geht man mit Feuer in E-Autos um?
Der Sitzungsraum der Freiwilligen Feuerwehr Sachsenhagen im Landkreis Schaumburg ist gut gefüllt. 23 Kameradinnen und Kameraden aus unterschiedlichen Ortsfeuerwehren der Samtgemeinde folgen aufmerksam den Worten ihres Vorgesetzten. Feuerwehrmann Dennis Buhr erklärt anhand einer Präsentation, worauf es im Umgang mit E-Autos im Einsatz ankommt. Später am Tag sollen nach der Theorie praktische Übungen folgen.
So oder so ähnlich sehen die Seminare aus, die seit einiger Zeit überall im ganzen Land stattfinden. Seminarleiter wie Buhr stellen die Veranstaltungen individuell zusammen. So kann auf die Situationen vor Ort besser eingegangen werden.
Der Akku: Die besondere Gefahr beim Brand von Elektroautos
In E-Autos sind sehr leistungsstarke Lithium-Ionen-Akkus verbaut, diese bestehen aus vielen kleinen Batteriezellen. Wird der Akku bei einem Unfall beschädigt, kann es zum Kurzschluss kommen. Die Zelle überhitzt, Sauerstoff wird freigesetzt, das Gemisch gerät selbständig in Brand. Das wäre der Worst Case, der nur sehr selten eintritt. Laut Zahlen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft brennen in Deutschland etwa 15.000 Autos im Jahr, E-Autos sind in den Statistiken bisher unauffällig.
Die Sicherheitsstandards steigen stetig, sagt Batterie-Experte Arno Kwade von der Battery LabFactory, einem Forschungszentrum der Technischen Universität Braunschweig: "Es gibt mittlerweile sehr strenge Vorschriften, die einen Brand eines solchen Batteriesystems so eingrenzen, das es mindestens fünf Minuten dauern soll, bis es wirklich zu einem Brand des Fahrzeugs kommt." Genauso viel Zeit hat man in etwa auch, wenn ein herkömmlicher Verbrenner Feuer fängt. Der Hauptunterschied: Für das Löschen des E-Autos wird mehr Wasser benötigt - und der Akku muss anschließend 14 Tage gekühlt werden.
Zentrale Ausbildung nicht möglich - Lernen per Multiplikator-Prinzip
Seminarleiter Dennis Buhr ist ein Multiplikator. Als Führungskraft hat er sich im vergangenen Jahr freiwillig gemeldet und eine Online-Schulung zum Thema E-Auto absolviert. Viele Führungskräfte im Land gehen den gleichen Weg. So versuchen die freiwilligen Feuerwehren, die Informationen in die Fläche zu bekommen. Eine zentrale Ausbildung etwa in einer Feuerwehrschule wäre bei 130.000 aktiven Ortsfeuerwehrleuten in Niedersachsen nur sehr schwer durchführbar.
Fachwissen zum E-Auto: Feuerwehrleute müssen dieselbe Sprache sprechen
Aber auch das Multiplikator-Prinzip wird nicht jeden erreichen, da ist Buhr sich sicher. Dennoch funktioniere die Art der Informationsweitergabe sehr gut. Denn die Seminare dienen vor allem dem Zweck, über Gefahren aufzuklären und eine gemeinsame Arbeitsgrundlage zu schaffen. Die Feuerwehrleute sollen sich auf Einsätzen untereinander verstehen und eine einheitliche Sprache sprechen können, vor allem, wenn unterschiedliche Ortsfeuerwehren aufeinandertreffen: "An der Einsatzstelle haben wir zwei Löschfahrzeuge, die bei bestimmten Schlagworten auch zusammenarbeiten müssen. Da sollten die Kräfte, die mit diesem Einsatz betraut sind, einen gewissen Stand haben."
App zeigt: Wo muss der Akku vom Elektroauto getrennt werden?
Das erste Mal praktisch wird es in Sachsenhagen an diesem Samstag in der Feuerwehrhalle. Dort stehen vier unterschiedliche Elektroautos bereit, an denen geübt werden kann. Feuerwehrleute haben sie für den heutigen Tag selbst zur Verfügung gestellt. Bei der Übung, genau wie im Alltag, ist das Tablet ein wichtiges Hilfsmittel. Darauf ist eine App installiert, in der die Einsatzkräfte die unterschiedlichen E-Auto-Marken abrufen können. Die App zeigt dann auf sogenannten Sicherheitsblättern an, an welchen Stellen die Akkus vom Auto getrennt werden müssen. Das ist vor allem wichtig, wenn zum Beispiel nach einem Unfall die Möglichkeit besteht, dass der Akku beschädigt ist.
"Mit gesundem Respekt rangehen"
Der Erfahrungsstand der Teilnehmenden ist hier beim Seminar unterschiedlich, manche haben gar kein Vorwissen, andere haben bereits eine Schulung mitgemacht. Letzteres gilt für Feuerwehrfrau Sabrina Künnemann, nur einen Ernstfall hat sie bisher noch nicht erlebt. Sie will ihr Wissen auffrischen und steht mit einem Tablet vor der geöffneten Motorhaube eines der Übungsautos: "Wenn wir gut geschult sind, wissen wir damit umzugehen. Wir haben die Rescue-App, wir haben geschultes Führungspersonal. Wir dürfen einfach keine Angst haben vor dem Ganzen, wir müssen da mit gesundem Respekt rangehen."
Zeit ist kostbar, gerade für die Feuerwehr
Den Schlusspunkt des Seminars in Sachsenhagen bildet eine Übung unter Realbedingungen. Ein qualmendes E-Auto, alles muss schnell gehen. Die Löschzüge rücken an, zwei Einsatzkräfte bestimmen den Fahrzeugtyp, überwachen die Hitzeentwicklung des Akkus, stehen zum Löschen bereit und sichern das Auto. In weniger als zehn Minuten ist die Übung vorbei. Seminarleiter Buhr zeigt sich zufrieden: "Ich denke, dass die Feuerwehr zukünftig gut darauf eingestellt ist, wenn man den Ausbildungsbetrieb weiterhin so ausrichtet."