Gerüchte um Nachfolge: Gibt Ministerpräsident Weil an Lies ab?

Stand: 27.03.2025 08:41 Uhr

In der SPD rumort es seit Wochen, denn Ende Mai steht die planmäßige Wahl des Landesvorsitzenden an. Offenbar verdichten sich die Zeichen, dass der langjährige Vorsitzende Stephan Weil nicht erneut antreten könnte.

von Mandy Sarti, Hilke Janssen

Stattdessen soll nach NDR Informationen wohl Wirtschaftsminister Olaf Lies den Posten übernehmen. Der Mann, der Weil 2013 beim innerparteilichen Rennen um die Spitzenkandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten herausforderte - und verlor. Lies hoffe seit mehr als zehn Jahren auf seine große Chance, heißt es in der SPD. Eine Staffelübergabe beim Landesvorsitz könnte ihn rechtzeitig in Stellung bringen, damit die Partei mit einem gestandenen Kandidaten in die Landtagswahl 2027 ziehen kann. Das würde sogar noch besser funktionieren, wenn Weil zudem das Amt des Ministerpräsidenten abgäbe, sind einige in der Partei überzeugt.

Weil und Lies äußern sich nicht

Der SPD Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niedersachsen, Stephan Weil (l.) steht in Braunschweig mit seinem Parteifreund Olaf Lies zusammen. © NDR Foto: Jochen Lübke
Vor zwölf Jahren war Olaf Lies (r.) in einer Kampfkandidatur dem späteren Ministerpräsidenten Stephan Weil unterlegen. (Archiv)

Doch bisher gibt es keine offizielle Bestätigung - und auch kein offizielles Dementi. Sowohl Weil als auch Lies hüllen sich in Schweigen. Dafür kocht die Gerüchteküche in der Partei. "Nur Stephan Weil weiß, wann er wirklich aufhören wird", sagt ein Mitglied des Landesvorstandes dem NDR Niedersachsen. Weil ist als Politiker bekannt, der öffentliche Personal-Debatten scheut und Entscheidungen lieber im Privaten trifft. Was lange gut funktioniert hat, sorgt in der Partei jetzt zumindest für Unsicherheit. Wie geht es weiter mit der niedersächsischen SPD? Immerhin ist das Flächenland einer der wichtigsten Landesverbände der Sozialdemokratie.

Entscheidung zwischen Strategie und Eitelkeit

Ein anderer führender SPD-Politiker ist sich sicher: "Es geht um die Frage Strategie oder Eitelkeit." Schafft es Weil, die Entscheidung zu treffen, die ihm von seinen Beraterinnen und Beratern schon länger nahegelegt wird? Wird er also das Amt des Landesvorsitzenden zeitnah abgeben und dann möglicherweise auch den Posten des Ministerpräsidenten? Oder will er den Rekord des dienstältesten Ministerpräsidenten brechen? Für Letzteres müsste Weil seine Amtszeit vollständig absolvieren, dann könnte er dem CDU-Politiker Ernst Albrecht den Rang ablaufen, der von 1976 bis 1990 Ministerpräsident in Niedersachsen war.

"Amtsbonus für Lies wäre ein Vorteil"

In der SPD sind manche Mitglieder durchaus auf Kurs der Beraterinnen und Berater. "Ein Amtsbonus für Lies wäre ein Vorteil", heißt es von einigen. Diese Aussage stützt sich auch auf Umfragewerte. Landespolitiker sind bundesweit meist nur wenig bekannt - anders als die jeweiligen Ministerpräsidenten. Doch auch Lies ist nicht ganz unbekannt - und darauf wollen Beraterinnen und Berater offenbar setzen: indem sie ihn in den nächsten zweieinhalb Jahren vor der Wahl über die Landesgrenzen hinaus bekannt machen und die Kampagne direkt auf ihn zuschneiden.

Entscheidung schon nächste Woche?

"Personen machen Politik", sagt ein langjähriger Weggefährte. Und Weil beherrsche genau dieses Spiel sehr gut. "Der Bier trinkende Ministerpräsident", wie Weil sich selbst nennt, produziere gerne nahbare Bilder. So lief er bei einer seiner Sommerreisen - sicher nicht ganz uneigennützig - mit einem Bier einer lokalen Brauerei in der Hand barfuß über den Nordseestrand. Dabei ließ er sich ganz selbstverständlich von anderen Gästen in Gespräche verwickeln. Damit auch Lies solche Bilder produzieren könnte, müsste Weil zunächst den Landesvorsitz abgeben. Heißt: sich beim SPD-Landesparteitag Ende Mai nicht erneut zur Wahl stellen. Deshalb spielt die kommende Woche eine entscheidende Rolle. Denn da trifft sich der Landesvorstand zu seiner Klausur. Hier müsste Weil seinen Rückzug ankündigen. Schon jetzt sind sich viele in der Partei einig: Am Ende werde es ganz sicher etwas zu verkünden geben.

CDU fordert Neuwahlen

Auch die CDU reagiert inzwischen auf die Debatte innerhalb der SPD. Fraktionschef Sebastian Lechner forderte am Mittwoch im Landtag Neuwahlen, sollte Weil tatsächlich seine Ämter zur Verfügung stellen. Lechner nahm dabei Weil ins Visier und gab sich durchaus ketzerisch: "Dass Sie nun nach 13 Jahren so von Ihrer Partei aus dem Amt gedrängt werden sollen, da hätte ich mir ehrlicherweise für Sie etwas Besseres gewünscht." Aus Partei-Kreisen ist derweil zu vernehmen, dass es für die CDU das beste Szenario wäre, wenn Weil bis zum Ende seiner Amtszeit Ministerpräsident bliebe. Denn dann würde zwischen Lechner und dem neuen SPD-Kandidaten auf dem Papier Chancengleichheit bestehen. Ob Weil ihm diesen Wunsch lässt, das bleibt zumindest fraglich.

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Hallo Niedersachsen | 26.03.2025 | 19:30 Uhr

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