Briefwahl: Warum kamen viele Unterlagen im Ausland zu spät an?
Auch gut drei Wochen nach der Bundestagswahl ist der Ärger vieler Auslandsdeutscher noch groß, deren Briefwahlunterlagen zu spät ankamen - wie aus Hemmingen. Nach NDR Recherchen lag das auch am Versand.
Jeder Tag bis zur Wahl war kostbar, das wusste man auch in Hemmingen vor den Toren Hannovers. Deshalb versah man die Umschläge mit den Stimmzetteln mit einem großen blauen Stempel "Eilige Wahlsache!". Genützt hat es offenbar wenig - gerade bei Sendungen ins europäische Ausland. In der Woche vor der Bundestagswahl am 23. Februar seien die ersten Hemminger im Ausland unruhig geworden und hätten im Rathaus nachgefragt, so Stadtsprecherin Pia Henze. Da wurde klar: Auch die Wahlpost in Nachbarländer wie Frankreich brauchte ungewöhnlich lange. Dabei war Hemmingen bei weitem kein Einzelfall. Dem NDR liegt eine Reihe solcher Fälle aus Niedersachsen und anderen Bundesländern vor, die zeigen, dass mit privaten Dienstleistern verschickte Wahlunterlagen auch innerhalb Europas länger als normal unterwegs waren - zwischen 12 und 19 Tagen. Doch wer war schuld daran?
Nur zwei bis fünf Tage für Briefe innerhalb Europas?
Sah es zunächst so aus, als hätten sich die Kommunen im Vorfeld nicht ausreichend informiert und deshalb falsche Entscheidungen beim Versand ins Ausland getroffen, ergibt sich nach NDR Recherchen ein etwas anderes Bild - gerade für die Region Hannover. Denn dort wollte man schon im Vorfeld alles tun, damit auch Auslandsdeutsche an der Wahl teilnehmen können. Am 11. Dezember 2024 hatte nach Angaben der Stadt Hemmingen ein gemeinsamer Termin der Wahlsachbearbeiter der regionsangehörigen Kommunen mit der Kreiswahlleitung und Vertretern der Citipost und der (Deutschen Post) DHL stattgefunden. "In diesem Termin wurde ausführlich über die sich abzeichnende Problematik der Postlaufzeiten für Briefwähler aus dem Ausland gesprochen", so Stadtsprecherin Henze. Kein Problem, so sei die Botschaft der Citipost GmbH gewesen. Zwei bis fünf Werktage seien solche Briefsendungen innerhalb Europas in der Regel unterwegs.
Überraschender Umweg
Doch es wurde zum Problem, wie sich bald herausstellte. Als die ersten Beschwerden eintrafen, fragte man bei Citipost nach - und die Antwort war für die Stadtverwaltung überraschend. Die eiligen Unterlagen seien einem "Subunternehmen" übergeben worden, habe es geheißen. Ein Umweg also für Wahlunterlagen, die ihre Empfänger im Ausland eigentlich so schnell wie möglich erreichen sollten. Doch es sollte nicht das einzige Problem bleiben.
Bundestagswahl: Versand der Unterlagen per Sparversand
Was war passiert? Die Citipost GmbH in Hannover hatte die Sendungen ins Ausland der Austrian Post International Deutschland GmbH geschickt, einer im Rheinland ansässigen Tochterfirma der Österreichischen Post. Obwohl als "eilige Wahlsachen" gekennzeichnet, wurden Briefe innerhalb Europas dort als sogenannte Eco-Sendungen freigemacht. Das war zwar ein wenig billiger als normale "Priority"-Briefe, aber eben auch langsamer. Dass es zwischen den beiden Versandarten Unterschiede gebe, habe die Citipost zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, so Stadtsprecherin Henze.
Citipost räumt Probleme ein
Citipost räumte auf NDR Anfrage ein, dass tatsächlich etwas schiefgelaufen sei. Die langsamere Versandart sei gewählt worden, weil es zwischen ihnen und den beteiligten Kommunen ein "Missverständnis hinsichtlich der Produktauswahl" gegeben habe. Zudem habe es bei einem Teil der Wahlbriefe "eine logistisch bedingte Verzögerung" gegeben, "die allgemein den Prozess für Sendungen ins Ausland betraf". Warum und wie viel länger es dauerte - unklar. Citipost bedaure, dass es zu "Unstimmigkeiten" gekommen sei.
Briefe oft zwei bis fast drei Wochen unterwegs
Nach NDR Recherchen waren auch Wahlbriefe aus anderen Kommunen in Niedersachsen und weiteren Bundesländern ins europäische Ausland auffällig lange unterwegs, wenn sie den Weg über Austrian Post International nahmen. Ob in die Schweiz, nach Österreich, in die Niederlande oder nach Frankreich: Zwei bis fast drei Wochen waren demnach keine Seltenheit. Warum das so war, wollte die Firma auch auf Nachfrage nicht erklären. Wenn es Verspätungen gegeben habe, so heißt es, dann nicht bei ihr.
Stadt Hemmingen: Das nächste Mal "kritisch prüfen"
Bei der Stadtverwaltung Hemmingen jedenfalls zeigt man sich verschnupft: "Wir haben uns auf die Zusicherungen des Dienstleisters verlassen und die Unterlagen fristgerecht am 6. Februar 2025 versandt", also rechtzeitig. Die Zusammenarbeit mit Citipost in dieser Hinsicht werde "kritisch geprüft und daraus werden Konsequenzen für zukünftige Wahlen gezogen". Den Auslandswählern hilft das für dieses Mal jedoch wenig, ihre Stimme verfiel – und ein Wahlfehler, der zu einer Wiederholungswahl führen könnte, sei vermutlich nicht zu erkennen, hatte der niedersächsische Landeswahlleiter Markus Steinmetz schon unmittelbar nach der Wahl gesagt.
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