Brandmauer zur AfD? Das sagen die Politiker in Niedersachsen
Die Parteien in Niedersachsen haben unterschiedlich auf den gemeinsam von der Union und der AfD verabschiedeten CDU-Antrag zur Verschärfung der Asylpolitik reagiert. Von Rot-Grün kam heftige Kritik.
In der SPD sei das Entsetzen über das Verhalten von Friedrich Merz groß, sagte Ministerpräsident Stephan Weil am Donnerstag. "Merz muss sich gleichzeitig Wortbruch, Rechtsbruch und Tabubruch vorhalten lassen", so der Regierungschef. All das belaste das Verhältnis zwischen der SPD und der Union derzeit deutlich. Auf einer Kundgebung in Hannover am Donnerstagabend sagte Weil: "Wir werden nicht zulassen, dass dieses Land nach rechts wegkippt." Eine mögliche Zusammenarbeit von SPD und Union nach der Bundestagswahl werde nach Ansicht Weils durch die aktuellen Geschehnisse mit Sicherheit nicht leichter.
Hamburg: "Ritt auf Messers Schneide"
Die stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg (Grüne) sprach von einer Zäsur für Deutschland. Die Union laufe Gefahr, die gesellschaftliche demokratische Mitte zu verlassen. "Es wäre sinnvoll, den Ritt auf Messers Schneide sofort zu beenden und wieder zur sachlichen Debatte zurückzufinden", sagte Hamburg. Einer möglichen schwarz-grünen Koalition im Bund erteilte die Grünen-Politikerin keine Absage, aber Merz und die CDU hätten es selbst in der Hand, ob sie bündnisfähig seien und regieren wollten.
Philippi befürchtet Entwicklung wie in Österreich
Sozialminister Andreas Philippi (SPD) sprach von einem "fundamentalen Vertrauensverlust, den die gestrige Quasi-Koalition von Union und AfD" gelöst habe. Auch eine Koalition der Union mit der AfD über eine punktuelle Zusammenarbeit hinaus sei für ihn nun nicht mehr ausgeschlossen, sagte Philippi weiter. Er mache sich ernsthafte Sorgen vor einer Entwicklung wie in Österreich. Am Mittwoch hatte der SPD-Fraktionschef im Landtag, Grant Hendrik Tonne, der CDU "billigen politischen Populismus" vorgeworfen. "Was wir derzeit tatsächlich erleben, ist ein Überbietungswettbewerb an Schäbigkeit", sagte Tonne.
Rückendeckung für Merz aus Niedersachsen
Von CDU-Landeschef Sebastian Lechner erhält Kanzlerkandidat Merz dagegen Rückendeckung. Dessen Fünf-Punkte-Plan zur Asylpolitik stelle eine "längst überfällige Wende in der Migrationspolitik" dar, sagte Lechner. Die Attentate der vergangenen Monate und die Dysfunktionalität des europäischen Asylsystems hätten eine klare Antwort des Bundeskanzlers und der Mitte des Parlaments erfordert. Dazu seien Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Fraktionen von SPD und Grünen aber nicht bereit gewesen. Den Vorwurf einer Zusammenarbeit von CDU und AfD nannte Lechner "absurd". "Niemals werden wir mit Populisten und in Teilen rechtsextremen Parteien zusammenarbeiten." Lechner sagte dem NDR Niedersachsen, er hoffe bei der Migrationspolitik in Zukunft auf eine "breite Mehrheit aus der Mitte des Parlaments". Das wäre laut Lechner ein wichtiger Beitrag, um den Populisten das Wasser abzugraben.
AfD hofft auf Wende in der Migrationspolitik
AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ), seine Partei freue sich sehr über die Entwicklungen im Bundestag. "Wir hoffen sehr, dass das nur der Anfang einer vollständigen Wende in der Migrationspolitik ist", sagte Wichmann der NOZ. Die AfD gilt bundesweit wie auch in Niedersachsen als rechtsextremer Verdachtsfall. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die Partei vom jeweiligen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem bewertet.