Baerbock über Hass gegen sie: "Es geht darum, Frauen anzugreifen"
Hetze gegen Frauen werde bewusst eingesetzt, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beim Talk-Format "Politik vor Ort" vom NDR, dem RND und der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".
Die Bundespolitikerin, die in Pattensen in der Region Hannover aufgewachsen ist, ließ tief blicken. Im Wahlkampf 2021 sei sie in einer Fotomontage als Pornodarstellerin abgebildet worden. Noch immer tauche dieses Bild auch in anderen Staaten auf, erzählte sie im Gespräch mit Susanne Stichler (NDR) und Eva Quadbeck (RND). "Es geht darum, Frauen anzugreifen auf einer Ebene, auf der Männer niemals angegriffen werden." Die Außenministerin sieht darin eine gezielte Systematik, die Demokratie zerstören zu wollen. Die Zahl der Angriffe auf Politikerinnen und Politiker nimmt bundesweit zu. "Ich habe ein ganzes Amt, ich habe ein Team, ich habe ein BKA, ich kann mich schützen", machte die Außenministerin in Hannover deutlich. Viele Kommunalpolitikerinnen und -politiker könnten das allerdings nicht. Baerbock sprach sich deshalb für eine bessere Regulierung von sozialen Medien aus.
Baerbock zu USA: Es braucht Verlässlichkeit
Doch bei dem Talk ging es nicht nur um den Umgang der Ministerin mit Hass und Hetze, sondern um ihren politischen Kurs. Immerhin steht die Welt im Umbruch, Krisen und Kriege bestimmen den Diskurs. Mit Blick auf die anstehende Wahl in den USA machte Baerbock deutlich: "In so stürmischen Zeiten ist eigentlich das Wichtigste, was man braucht, Verlässlichkeit." Doch die sieht Baerbock in Präsidentschaftskandidat Donald Trump nicht. Es sei schon in seiner ersten Amtszeit selten vorhersehbar gewesen, welchen Schritt Trump als Nächstes wählt. Mit Blick auf eine mögliches Ende des Angriffskrieges in der Ukraine stellte die Außenministerin auch klar: "Wir brauchen die Amerikaner." Sie betonte aber auch: "Dafür muss Putin seine Truppen zurückziehen."
Unterstützung der Ukraine für Ministerin alternativlos
Der Krieg in der Ukraine - ein Thema, das auch die rund 400 Zuschauerinnen und Zuschauer in Hannover umtrieb. Sie konnten im Vorfeld Fragen stellen. Die drängendsten: Wie geht es mit der Unterstützung der Ukraine nun weiter? Gibt die Bundesregierung auch in Zukunft Geld? Für Außenministerin Baerbock ist es alternativlos ihr beizustehen. "Wenn die Ukraine unserer Freiheit unseren Frieden nicht mehr verteidigen kann, weil wir sie nicht mehr unterstützen, dann ist die Frage, wie weit Putins Truppen vorrücken." Deshalb sei dieser Weg der beste Schutz für die deutsche Sicherheit.
Baerbock gesteht Fehler bei Strategie in sozialen Medien ein
Doch während Baerbock den außenpolitischen Diskurs bestimmt, bröckelt der Zuspruch für ihre Partei. Den Grünen gelingt es offenbar nicht mehr, die Menschen so zu bewegen, wie noch vor fünf Jahren. Bei der Europawahl musste sie einen starken Stimmen-Einbruch einstecken. Die Grünen-Politikerin ist überzeugt, viele Themen seien nicht ausreichend bedient worden. In Zukunft müsse es den Grünen wieder mehr darum gehen, soziale Fragen in den Mittelpunkt zu stellen, betonte sie. Auch das Thema Sicherheit sei zu kurz gekommen. Außerdem gestand die Außenministerin die fehlende Präsenz der Grünen auf der Plattform TikTok ein: "Wir haben vollkommen den Diskussionsraum verloren." Während die Grünen und anderen Parteien sich um Algorithmen sorgten, habe die AfD viel Geld in ihre TikTok-Präsenz gesteckt. Und so mutmaßlich gerade bei jungen Menschen gepunktet.
Grünen-Politikerin setzt auf Menschlichkeit
Baerbock gilt als Politikern, die neben diplomatischen Tönen auch zu menschlichen Worten und Gesten neigt. So wurde sie beispielsweise bei der Rede von Marcel Reif bei der Gedenkstunde für die Opfer des Holocausts im Bundestag mit Tränen in den Augen gefilmt. Auf ein entsprechendes Foto reagierte sie mit den Worten, sie habe Schmerz empfunden. Tränen im Bundestag - vor einigen Jahrzehnten noch undenkbar, für Baerbock aber ein wichtiges Zeichen: "Wenn man nicht mehr bereit ist, in solchen Situationen Mensch zu sein, sondern nur darauf schaut 'Was sagt die Öffentlichkeit?', dann ist man nicht mehr bereit, den Schmerz der anderen zu fühlen." Eine Aussage für den die Grünen-Politikern an diesem Freitagabend wohl den meisten Applaus bekommen hat.