AfD-Treffen mit Rechtsextremen: Ist die Demokratie in Gefahr?
Nach den Berichten über ein Treffen von AfD-Vertretern mit Rechtsextremen mehren sich auch in Niedersachsen Stimmen, die um die Demokratie besorgt sind. Auch die Debatte um ein Verbot der AfD ist erneut entfacht.
Nicht nur Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesverfassungsschutzes, sieht die Demokratie in Deutschland in Gefahr. Auch in Niedersachsen mehren sich Stimmen, die zum Widerstand gegen rechts aufrufen. SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne sagte, die Teilnahme von AfD-Politikern an dem Treffen bei Potsdam zeige, dass die AfD "die Prinzipien und Grundwerte unserer Verfassung ablehnt". Michael Lühmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Niedersächsischen Landtag, sagte am Freitag einer Mitteilung zufolge: "Die Prüfung eines Parteiverbotsverfahrens ist eine vom Grundgesetz vorgesehene Aufgabe. Ich trete deswegen entschieden dafür ein, ein AfD-Verbotsverfahren einzuleiten." Nach dem Bekanntwerden der Teilnahme eines AfD-Mannes aus dem Landkreis Stade an dem umstrittenen Treffen forderte Lühmann die Partei dazu auf, Konsequenzen zu ziehen. "Ein Hinweis auf den privaten Charakter des Treffens reicht hier nicht aus."
Theologe Manneke sieht Parallelen zur rechtsextremen NPD
Der evangelische Theologe Wilfried Manneke aus Celle sieht in dem Auftreten der AfD zunehmend Ähnlichkeiten zur rechtsextremen NPD. Manneke tritt seit vielen Jahren gegen rechte Umtriebe in der Lüneburger Heide ein. Er fordert dazu auf, sich deutlich gegen Rechtsextremismus zu positionieren. Gerade im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen in diesem Jahr müssten, "alle, denen die Demokratie etwas wert ist, das Wort ergreifen, unter Umständen sogar Demonstrationen organisieren und auf die Straße gehen", sagte Manneke dem evangelischen Pressedienst (epd). Es sei erschreckend, wie viel Zuspruch die AfD inzwischen erhalte. Seiner Ansicht nach müsse die Partei verboten werden.
Kann ein Verbot der AfD Bestand haben?
Ob ein Verbot der AfD wirklich Bestand haben könnte, ist laut Simon Franzmann, Demokratieforscher in Göttingen, offen. Eine Partei könne nur verboten werden, wenn ihr zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass sie den Bestand der Bundesrepublik aktiv gefährde: "Dann kann sie verboten werden und sollte auch verboten werden", sagte er dem epd. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) spricht sich gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus. Ein Verfahren würde vermutlich lange dauern, sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Er riet stattdessen dazu, sich politische mit der AfD auseinanderzusetzen. Die anderen Parteien sollten die besseren Antworten geben.
Vergleich mit Vertreibungspolitik im Nationalsozialismus
Die Leiterin der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten, Elke Gryglewski, sagt, dass die Provokationen der AfD zumindest in Teilen Vergleiche zur NS-Zeit zuließen. "Angesichts der immer kontinuierlicheren Unverfrorenheit und Provokationen der AfD und rechtsextremer Kreise finde ich es durchaus berechtigt, vermeintliche oder tatsächliche Analogien zu benennen", so Gryglewski gegenüber dem epd. Sie betont zugleich, dass es sich bei der Vertreibungspolitik im Nationalsozialismus um Staatspolitik gehandelt habe und bei den Überlegungen der AfD lediglich um die von Gruppierungen. Daher sei es in der heutigen Demokratie einfacher und wichtig "eindeutig und resolut" gegen diese Einstellungen vorzugehen.
Aufruf zum Kampf gegen Identitäre Bewegung
Die Popularität der AfD erklärt sich Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) auch damit, dass sie Zukunfts- und Überforderungsängste schüre. Dadurch könne sie die Gesellschaft spalten. Daher rief auch er zum entschlossenen politischen Kampf gegen Rechtspopulisten auf. Auffällig sei, dass es diesen gelinge, Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Vergangenheit zu wecken: "Wir sollten uns davor hüten, frühere Zeiten zu glorifizieren", so Bovenschulte.
Das Treffen von Potsdam und der "Masterplan"
In einem Hotel in Potsdam sollen sich im November 2023 Mitglieder der AfD mit Rechtsextremen und potenziellen Geldgebern getroffen haben. Einem Bericht der Recherchegruppe "Correctiv" zufolge sollen sie einen "Masterplan" zur sogenannten Remigration entwickelt haben - also zur Ausweisung und Rückführung von zugewanderten Menschen, offenbar auch solcher, die längst einen deutschen Pass haben. Ebenfalls anwesend war der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner, der früher an der Spitze der Identitären Bewegung (IB) stand. Die IB ist ein Sammelbecken von Rechtsextremen, das vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
AfD-Demonstration und Gegenprotest in Göttingen
Im Zusammenhang mit dem Geheimtreffen mit Rechtsextremisten und diversen Aufrufen gegen Rechts steht auch die Demonstration in Göttingen am Samstag den 13. Januar. Angekündigt ist ein großer Aufmarsch der "Querdenker"-Szene, die behauptet, der Staat unterdrücke ihre Meinungsfreiheit. Als Reaktion darauf wurden mehrere Gegenproteste angekündigt. Das Göttinger "Bündnis gegen Rechts" wirft den "Querdenkern" vor, rechtsradikale Verschwörungsmythen zu verbreiten. Die Polizei rechnet mit dem größten Einsatz seit Jahren.