Tausende stellen sich "Querdenker"-Demo in Göttingen entgegen
In Göttingen haben am Samstag Tausende Menschen gegen eine Demonstration von "Querdenkern" protestiert. Es kam zu Sitzblockaden und Festnahmen. Auch Barrikaden brannten. Die Polizei nahm mehrere Personen fest.
Rund 450 "Querdenkern" standen nach Angaben der Polizei etwa 2.500 Gegendemonstranten gegenüber. Einige von ihnen stoppten den Demonstrationszug der "Querdenker" im Verlauf des Nachmittags mit Sitzblockaden. Polizisten drängten oder trugen die Gegner der "Querdenker" zur Seite. Auch Barrikaden brannten an einigen Stellen. Teilnehmende der insgesamt zehn angemeldeten Gegendemonstrationen zogen laut Polizei an mehreren Stellen Müllcontainer auf die Straßen und zündeten diese an. Die Beamten sprachen von einem "turbulenten Einsatzgeschehen". Ein ursprünglich für den Abend geplanter Autokorso wurde laut Polizei von der Anmelderin abgesagt.
Polizei zieht gemischtes Fazit
Die Polizei zog am Montag ein gemischtes Fazit zu ihrem wohl größten Einsatz in Göttingen seit mehreren Jahren. Einerseits sei es gelungen, das Versammlungsrecht der an der "Querdenker"-Demonstration beteiligten Menschen durchzusetzen, sagte Einsatzleiter Rainer Nolte. Er betonte weiter: "Der Großteil der Gegendemonstrierenden verhielt sich friedlich und hat damit ein klares Signal für die Rechtstaatlichkeit gesetzt."
Polizisten bei Straßenblockaden verletzt
Dieses Bild wird laut Polizei getrübt von "einigen Hundert Menschen", die sich bei Straßenblockaden den Anordnungen der Beamten widersetzt hätten. In Einzelfällen seien Schlagstöcke und Pfefferspray zum Einsatz gekommen, um die Strecke für den Demonstrationszug freizuräumen, heißt es in der Bilanz. Nach Stand von Montagmorgen hätten 21 Einsatzkräfte Verletzungen wie Prellungen und Atemwegsreizungen erlitten.
Demos in Göttingen: Mehrere Festnahmen
Einsatzleiter Nolte zeigte sich betroffen von dieser Zahl: "Die Kolleginnen und Kollegen haben wieder einmal sprichwörtlich ihren Kopf für den Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit hingehalten." Wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch und anderer Delikte leitete die Polizei insgesamt etwa 60 Ermittlungsverfahren ein. Vier Tatverdächtige seien vorläufig festgenommen worden.
Steine auf Polizeiauto: Beschädigungen am Freitagabend
Am Freitagabend hatten Unbekannte Steine und Flaschen auf einen Streifenwagen geworfen. Verletzt wurde laut Polizei niemand. Rund 40 Personen hätten sich spontan versammelt - die Beamten vermuten, dass es sich um Menschen "aus dem linken Spektrum" handelte. Die Gruppe sei durch die Innenstadt gelaufen und habe Feuerwerkskörper gezündet. Zudem soll sie mehrere Fensterscheiben einer Polizeiwache und einer Bank beschädigt haben. Eine Fahndung nach den Tätern verlief laut Polizei erfolglos. Die Höhe des Schadens ist nicht bekannt. Man gehe davon aus, dass die Taten mit den Demonstrationen am Samstag in Verbindung standen.
Gegendemonstranten wollen "Querdenken einfrieren"
Die "Querdenker"-Szene hatte ihre Veranstaltung frühzeitig angemeldet: "Versammlungsfreiheit statt Extremismus" war das Motto. Auf Telegram, Instagram, X und Youtube mobilisierte die Szene zur Demo. Auf Plakaten und Bannern der Demonstranten stand etwa: "Zusammen gegen Hetze & Spaltung", "Grün ist das neue Braun" und "Lasst uns die rot-grünen Deutschlandhasser in die Wüste schicken!". Das Göttinger "Bündnis gegen Rechts" rief unter dem Motto "Querdenken einfrieren" zur Gegendemonstration auf. "Wer immer noch daran zweifelt, dass die Organisatoren des Aufmarsches keine gefährliche Mischung aus Wissenschaftsfeinden, Demokratiegegnern, Reichsbürgern, Esoterikern und extrem Rechten sind, kann sich gerne auf unserer Website informieren", sagte Agnieszka Zimowska vom DGB Kreisverband Göttingen. Sie ist eine der Koordinatorinnen bürgerlichen Protests, zu dem viele Parteien und Organisationen aus Göttingen gehören.
September 2023: Blockaden und brennende Müllcontainer
Im vergangenen September hatte die "Querdenker"-Szene zum "Herbsterwachen" in Göttingen aufgerufen. Rund 430 Menschen waren dem Aufruf gefolgt, mit Trommeln und Megafonen versuchten sie lautstark, ihren Positionen Gehör zu verschaffen. Doch zu einer großen Demo kam es am Ende in Göttingen nicht. Gegendemonstranten hatten auch bei dieser Veranstaltung Blockaden errichtet und Müllcontainer angezündet. Es war bei einer Kundgebung der "Querdenker" vor dem Bahnhof geblieben.