Acht Monate nach Festnahme: Daniela Klette sieht sich vorverurteilt

Stand: 17.10.2024 09:27 Uhr

Acht Monate nach ihrer Festnahme hat Daniela Klette aus der U-Haft heraus Fragen des NDR Niedersachsen beantwortet. Die mutmaßliche frühere RAF-Terroristin fürchtet einen "politischen Prozess".

von Johannes Koch und Angelika Henkel

Sie spricht zudem von Hetzjagd und Vorverurteilung. "Natürlich hat mich die Verhaftung krass aus meinem Leben herausgerissen", schreibt Daniela Klette dem NDR. Ihr Brief - die Antworten auf unsere Fragen - ist kurz, eine Seite lang. Jahrelang hatte die 65-Jährige unbemerkt unter falscher Identität in Berlin-Kreuzberg gelebt. In der Untersuchungshaft in Vechta sei sie zunächst isoliert worden. "Angeblich besteht, wo ich gehe und stehe, die Gefahr, dass mir ein Befreiungsplan oder Sonstiges zugespielt wird", beklagt sich Klette. Briefe von Freunden bräuchten "bis zu 8 Wochen". So könne sie sich nicht auf den Prozess gegen sie vorbereiten. Klette spricht hier von einem "politischen Prozess".

Ein Polizeiwagen steht vor der Wohnung der ehemaligen RAF-Terroristin Daniela Klette. © picture alliance/dpa Foto: Hannes P Albert
Ein Polizeiwagen steht vor der Wohnung von Daniela Klette.
Größtes Verfahren des LKA

Es ist Februar, als Fahnder des Landeskriminalamtes Niedersachsen Daniela Klette in Berlin festnehmen. Ab diesem Zeitpunkt entwickeln sich die Ermittlungen gegen Klette und ihre mutmaßlichen Komplizen zum größten Verfahren in der Geschichte des LKA Niedersachsen. Der gesamte Inhalt der Wohnung der mutmaßlichen Ex-RAF-Frau wird nach Hannover gebracht und dort weiter ausgewertet. Auch digitale Asservate werden untersucht - allein diese belaufen sich auf 17 Terabyte.

Anwalt kritisiert Verfahren

"Ich habe den Eindruck, dass die Ermittlungen sehr voreingenommen geführt werden", sagt Lukas Theune. Er ist einer der Anwälte von Daniela Klette und besucht sie mehrmals im Monat im Gefängnis. Die Taten, die die Staatsanwaltschaft Verden seiner Mandantin vorwirft, würden den enormen Ermittlungsaufwand des LKA nicht rechtfertigen, sagt Theune. "Die Behörden wollen sich beweisen - das gilt für die Staatsanwaltschaft, aber auch für das LKA Niedersachsen, die zeigen wollen, wie gut sie ein so großes Verfahren führen wollen." Auch Daniela Klette selbst spricht von einer "öffentlichen Vorverurteilung".

Staatsanwaltschaft und LKA rechtfertigen Aufwand

Die JVA Vechta, hier sitzt die Raf-Terroristin Daniela Klette in Haft © Screenshot
Die JVA Vechta. Hier sitzt Klette in Haft.

LKA und Staatsanwaltschaft Verden widersprechen dem. Schon die Suche nach den weiterhin flüchtigen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub rechtfertige den hohen Ermittlungsdruck. "Wir müssen nach wie vor davon ausgehen, dass die Gesuchten gefährlich sind", sagt Philipp Hasse vom LKA Niedersachsen. Die Staatsanwaltschaft Verden teilt auf Anfrage mit, dass allein die Schwere der vorgeworfenen Taten die aufwendigen Ermittlungen rechtfertige. Neben schwerem Raub wird Klette bei einem der 13 Raubüberfälle auch versuchter Mord vorgeworfen.

Strafrechtler: Vorwurf hoch gegriffen

Bei dem Raubüberfall in Stuhr im Jahr 2015 hatte einer der Täter mit einem Schnellfeuergewehr auf die Beifahrertür eines Geldtransporters geschossen, so schildert es die Staatsanwaltschaft Verden. Damit hätten die Täter den Tod des Fahrers in Kauf genommen. Dieser Vorwurf sei sehr hoch gegriffen, sagt Stefan Harrendorf. Er ist Strafrechtsprofessor an der Universität Greifswald. In diesem Fall sei der Tötungsvorsatz schwer nachweisbar. Harrendorf vermutet, dass nicht nur die vorgeworfenen Taten Grund für das große Verfahren sind: "Dass es nun das größte Verfahren ist, das hat sicherlich nicht allein mit den Vorwürfen zu tun, sondern sicherlich auch damit, dass es sich um sehr spektakuläre Täter handelt."

Landgericht Verden sucht Verhandlungsort

Mit einer Anklage gegen Daniela Klette ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Sollte es dazu kommen, wäre das Landgericht Verden zuständig. Dort läuft laut bereits die Suche nach einem geeigneten Ort. Denn die Räumlichkeiten des Landgerichts reichen für einen Prozess dieser Größenordnung nicht aus. Für Klette ein klares Indiz dafür, dass ein "Spektakelprozess" geplant sei. Eine Frage des NDR zu ihrer RAF-Vergangenheit ließ Klette unbeantwortet.

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