Rente im Norden: So groß sind die Unterschiede
Verdienst, Arbeitsjahre, Vollzeit oder Teilzeit? All das bestimmt die Rentenhöhe. Zahlen zeigen, wie erheblich die Unterschiede der Rentenzahlungen in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind.
Mit dem Eintritt in den Ruhestand beziehen die meisten Menschen in Deutschland eine gesetzliche Altersrente. Bei der Höhe der Rente gibt es jedoch große regionale Unterschiede. Das zeigen Daten aus dem aktuellen Rentenatlas, die NDR Data ausgewertet hat.
Mit Blick auf Norddeutschland wird klar: Die höchsten Bruttorenten werden in Hamburg gezahlt. Im Schnitt erhält ein Rentner dort 1.674 Euro pro Monat. In Mecklenburg-Vorpommern sind es im Vergleich dazu nur 1.527 Euro. Schleswig-Holstein und Niedersachsen liegen dazwischen, jeweils leicht über und unter dem bundesweiten Schnitt von monatlich 1.623 Euro Rente.
Bundesweit betrachtet ist die Rente im Saarland am höchsten, in Thüringen am niedrigsten. Insgesamt zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den ost- und westdeutschen Bundesländern.
Frauen erhalten im Schnitt rund 400 Euro weniger Rente
Nicht nur bei den Bundesländern gibt es Unterschiede, was die Höhe der Rente angeht. Auch zwischen den Geschlechtern zeigt sich eine Kluft: So erhalten Frauen im Durchschnitt niedrigere Renten als Männer. Fachleute nennen diese Lücke bei der Altersvorsorge auch den "Gender Pension Gap".
Ein wichtiger Grund für diese Lücke ist die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen. So verdienen Frauen laut Zahlen des Statistischen Bundesamts im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Unter anderem, weil sie häufig in schlechter entlohnten Berufen arbeiten, beispielsweise im sozialen Bereich. Entsprechend niedriger sind die Beiträge, die sie während ihres Erwerbslebens in die Rentenversicherung einzahlen.
Neben der Höhe der eingezahlten Beiträge spielt aber vor allem auch die gesamte Dauer des Erwerbslebens - also wie lange jemand insgesamt gearbeitet hat - eine entscheidende Rolle für die spätere Rente. Auch darin liegt eine Erklärung für die geringeren Rentenbezüge von Frauen: Da sie häufiger als Männer nach der Geburt eines Kindes ihre Arbeitszeit reduzieren, kommen sie insgesamt auf eine kürzere Erwerbszeit.
Noch klafft eine Rentenlücke zwischen Männern und Frauen. Das könnte sich künftig ändern: Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin zeigt: In den kommenden Jahrzehnten wird die Rentenlücke kleiner werden. Einerseits, weil Frauen voraussichtlich höhere Renten erhalten. Andererseits, weil Männer künftig niedrigere Renten ausgezahlt bekommen. Grund für diesen Trend sind unter anderem längere Ausbildungszeiten und die zunehmenden Bedeutung von Teilzeitätigkeit bei Männern.
Doch aktuell ist die Lücke zwischen Männern und Frauen noch groß - und zwar in allen Regionen Deutschlands. Dennoch gibt es einen klaren Unterschied zwischen den westdeutschen und den ostdeutschen Bundesländern. So zeigen Daten des Statistischen Bundesamts: Die Kluft zwischen den Rentenbezügen bei Männern und Frauen ist in den westdeutschen Bundesländern mit durchschnittlich 44 Prozent deutlich höher als die in den ostdeutschen Bundesländern. Dort ist sie mit 19 Prozent nur etwa halb so groß.
Im Osten ist der Rentenunterschied zwischen Mann und Frau geringer
Der Grund für diese kleinere Lücke in den neuen Bundesländern ist die hohe und langjährige Erwerbsbeteiligung der ostdeutschen Frauen. Diese Berufstätigkeit von Frauen ist laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung vor allem durch zwei Faktoren unterstützt worden: durch die aktive Förderung der "Vollzeiterwerbstätigkeit von Männern und Frauen" einerseits und den "flächendeckenden Ausbau von Kinderbetreuung" andererseits, heißt es in einem Bericht.
Westdeutsche Frauen hingegen lebten mit ihren Partnern häufiger das Alleinverdiener-Modell, das darauf ausgelegt war, dass der Mann auch im Alter seine Frau versorgt. Durch dieses Lebensmodell hatten Frauen in der Vergangenheit längere Unterbrechungen in ihrer Erwerbsbiographie. Und sie arbeiteten, wenn überhaupt, häufig in Teilzeit.
Das führt dazu, dass Frauen, die jetzt in Rente sind, im Schnitt deutlich weniger Geld pro Monat erhalten. So bekommt beispielsweise ein männlicher Rentner in Hamburg im Schnitt 391 Euro mehr Rente als eine weibliche Rentnerin. Im Saarland sind es sogar 543 Euro. In ostdeutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern beträgt die Differenz bei den Rentenbezügen von Männern und Frauen hingegen nur durchschnittlich 165 Euro pro Monat.
Zentrale Herausforderung: Demografischer Wandel
Unabhängig von der Region ist klar: Deutschland ist eine alternde Gesellschaft. Sinkende Geburtenraten treffen auf eine stetig wachsende Lebenserwartung - dadurch verschiebt sich die gesamte Altersstruktur. "Wir stehen aktuell vor dem großen Alterungsschub, wenn die Babyboomer in Rente gehen. Danach wird es aber mit unserer demografischen Situation nicht besser: Es sind vor allem die gesunkenen Geburtenzahlen der 1960er- und 1970er-Jahre und die steigende Lebenserwartung, die unsere Rente unter Druck setzen", erklärt Rentenexperte Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum im Interview mit NDR Info.
Für das gesetzliche Rentensystem ist dieser demografische Wandel ein Problem: Die Zahl der Menschen, die arbeiten und Rentenbeiträge einzahlen, sinkt. Gleichzeitig steigt die Zahl der Menschen, die nicht mehr arbeiten und Rente beziehen. Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigen: Das Verhältnis von Beitragszahlenden zu Rentnern hat sich stark verändert. Kamen 1962 etwa sechs beitragszahlende Arbeitnehmer auf einen Rentner, sind es inzwischen nur noch gut zwei.
Hinzu kommt: Da die Menschen immer älter werden, wird insgesamt auch mehr Rente ausgezahlt. Die Zahl der Jahre, in denen eine gesetzliche Rente ausgezahlt wird, hat sich fast verdoppelt. Männer beziehen heute etwa acht Jahre länger Rente als noch vor 50 Jahren, bei Frauen sind es rund neun Jahre. Was gleich geblieben ist: Frauen beziehen im Schnitt mehr als drei Jahre länger Rente als Männer.