Nahverkehrszüge: 9-Euro-Ticket sorgte nur für kurzes Fahrgast-Plus
In der Pandemie sind die Fahrgastzahlen im Zugverkehr stark gesunken. Sie steigen nur langsam wieder. Auch das 9-Euro-Ticket hatte nur einen kurzzeitigen Effekt im Nahverkehr.
Die Pandemie hat auch die Bahnfirmen in Deutschland schwer getroffen. Wegen Lockdowns, Reisebeschränkungen, Home Office und der Infektionsgefahr in der Öffentlichkeit fuhren deutlich weniger Menschen mit den Zügen des Nah- und Fernverkehrs. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Fuhren 2019 noch fast drei Milliarden Reisende mit Nahverkehrszügen, waren es in den Pandemiejahren 2020 und 2021 weniger als zwei Milliarden. Im Fernverkehr war der Verlust drastischer: Nur noch etwa halb so viele Menschen wie vor der Pandemie fuhren auf langen Strecken.
Deutschlandticket noch nicht berücksichtigt
Seit 2022 erholen sich die Zahlen wieder: Im Nahverkehr stieg die Zahl der Fahrgäste wieder auf über zwei Milliarden und im Fernverkehr war die Passagierzahl nur noch zehn Prozent unter dem Vor-Corona-Wert. Dabei gab das 9-Euro-Ticket dem Nahverkehr einen kurzzeitigen Schub. Im dritten Quartal zählten die Bahnfirmen sogar mehr Fahrgäste als im dritten Quartal 2019 - die Zahl sank aber nach Auslaufen des Tickets wieder deutlich. Eine Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zeigte, dass das vergünstigte Ticket vor allem für Freizeitfahrten genutzt wurde und kaum Auswirkungen auf die Alltagsmobilität hatte.
Welche Auswirkungen das aktuell erhältliche Deutschlandticket für 49 Euro hat, ist in den Zahlen des Statistischen Bundesamtes noch nicht zu erkennen, da es erst im Mai, also im zweiten Quartal, eingeführt wurde.
Während der Fernverkehr Anfang des Jahres nahezu auf dem Niveau von 2019 war und die Deutsche Bahn sogar kurz auf einen neuen Fahrgastrekord spekulierte, läuft es im Nahverkehr nicht ganz so gut. Im ersten Quartal 2023, also von Januar bis März, meldeten Nahverkehrsfirmen, dass ihre Fahrgastzahlen noch 22 Prozent unter den Werten von 2019 lagen: Fuhren im ersten Quartal 2019 noch 688 Millionen Menschen mit den Zügen, waren es 2023 etwa 565 Millionen.
Blickt man nur auf die Deutsche Bahn, das größte Zugunternehmen Deutschlands, zeigt sich der Unterschied zwischen Fern- und Nahverkehr in einer ähnlichen Größenordnung. Im ersten Halbjahr fuhren laut Halbjahresbericht etwa fünf Prozent weniger Menschen mit Fernverkehrszügen als im ersten Halbjahr 2019. Im Nahverkehr waren es noch 17 Prozent weniger. Warum die Erholung beim Nahverkehr langsamer ist, ist noch nicht endgültig geklärt. „Vermutlich gibt es beim Fernverkehr einen Nachholeffekt bei Urlaubsreisen, weshalb dort die Fahrgastzahlen schneller steigen“, sagt Dennis Gaus vom DIW, Autor der Studie zum 9-Euro-Ticket. „Andererseits wird seit Covid aufgrund von Homeoffice weniger gependelt, was ausschließlich den Nahverkehr betrifft.“
Jahrelang stiegen die Fahrgastzahlen
Dass die Zahlen sich 2023 noch nicht erholt haben, zeigt, wie einschneidend die Pandemie für den Zugverkehr in Deutschland war: Zuvor waren die Fahrgastzahlen Jahr für Jahr gestiegen. Im Fernverkehr stiegen sie von 115 Millionen im Jahr 2004 auf 151 Millionen im Jahr 2019, im Nahverkehr von knapp unter 2 Milliarden im Jahr 2004 auf fast 2,8 Milliarden in 2019.