Grüner Europaabgeordneter Niklas Nienaß – zwischen Müritz und Weltraum
In den vergangenen fünf Jahren war er der einzige Europaparlamentarier aus Mecklenburg-Vorpommern: Niklas Nienaß von Bündnis 90/Die Grünen. Und seine Arbeit in Brüssel würde er gerne auch fortsetzen, aber: ein Selbstläufer ist die angestrebte Wiederwahl nicht.
Zusammen mit einem Parteifreund hisst Niklas Nienaß die Europaflagge am Wahlkampfstand der Grünen in der Fußgängerzone von Waren/Müritz. Aber allzu viele interessierte Bürger zieht das nicht an. Straßenwahlkampf ist ein mühsamer Job und den Grünen bläst der Wind derzeit bundesweit ins Gesicht. Für den 32-jährigen Europaabgeordneten aus Rostock geht es in diesen Tagen um den Wiedereinzug und die EU ist für ihn Herzenssache. Vor fünf Jahren schaffte der damalige Rostocker Jura-Student ziemlich überraschend den Einzug ins Europaparlament, die Grünen fuhren mit mehr als zwanzig Prozent ein bundesweites Spitzenergebnis ein.
Die Bundespolitik bestimmt die Agenda
Seitdem ist Nienaß der erfahrenste EU-Politiker Mecklenburg-Vorpommerns, denn er ist der einzige Abgeordnete, der das Land im Parlament in Brüssel und Straßburg vertritt. Gern würde er am Wahlkampfstand in Waren mit den Leuten über den "Green Deal" der EU-Kommission sprechen, über Klimapolitik, darüber was ihnen Europa im Alltag so bringt. Doch schnell wird er von der Bundespolitik eingeholt, ein älterer Mann beschwert sich bei ihm über das umstrittene Heizungsgesetz. Da wären irgendwelche Pläne gemacht worden, ohne zu bedenken, was das für Probleme für die Leute mit sich bringen würde. Nienaß versucht gegenzuhalten, gibt den Medien eine Mitschuld für das Kommunikationschaos beim Heizungsgesetz. Richtig überzeugt wirkt sein Gesprächspartner hinterher nicht.
Einsatz für Fördergelder aus Brüssel
Doch Nienaß macht unverdrossen weiter, verteilt Flyer und versucht, mit Passanten ins Gespräch zu kommen. Wahlkampf kann in diesen Tagen eine gefährliche Sache sein, wie die Nachrichten der vergangenen Wochen beweisen. Doch Angst wegen der polarisierten Stimmung im Land hat der grüne Politiker nicht: "Dafür macht mir das auch viel zu viel Spaß", sagt Nienaß. Und tatsächlich scheint er den Stimmenfang zu genießen, die Debatte mit den Leuten auf der Straße. Und er glaubt, einiges in Brüssel für Mecklenburg-Vorpommern bewegt zu haben in den vergangenen fünf Jahren. Etwa beim Thema Fördergelder: es sei mehr Geld in den Nordosten Deutschlands geflossen. "Im Endeffekt bedeutet das, dass wir den Landeshaushalt entlastet und insgesamt mehrere 100 Millionen Euro für Mecklenburg Vorpommern gesichert haben", rechnet Nienaß vor.
Rennen um den Weltraum
Nienaß ist sehr aktiv in den sozialen Medien und versucht dort, den Menschen seine Politik und seine Idee von Europa zu vermitteln - auf Instagram oder Youtube beispielsweise. Auch mit einem eigenen Podcast. Allerdings hält sich die Zahl seiner Follower in Grenzen, auf Instragram sind es gut eintausendsiebenhundert. "To the moon", so beginnt ein Video auf Youtube, in dem Nienaß über das neue Wettrennen zum Mond und die Hintergründe dazu berichtet. Weltraumpolitik ist schon seit vielen Jahren ein Steckenpferd des Politikers. Aber warum sollten sich die Wähler für solch ein "abgehobenes" Thema eigentlich interessieren? "Es ist halt schon so, dass sehr, sehr viel Weltraum in unser aller Leben steckt", meint Nienaß. Aber vielen Menschen sei das gar nicht bewusst. Dabei sei das Problem brisant: "Da greifen sich Milliardäre gerade was sie wollen, machen sogenanntes Space Grabbing und versuchen die Vorherrschaft zu erhalten. Und genauso die Chinesen, die Russen, die Amerikaner. Alle machen fleißig mit. Und wir gucken doof in die Röhre." Und das dürfe nicht sein, so Nienaß.
Wiederwahl nicht sicher
Es könnte knapp werden mit dem Wiedereinzug ins Europaparlament, vor allem weil den Grünen von Meinungsforschungsinstituten für die Wahl am 9. Juni deutliche Verluste vorhergesagt werden. Nienaß steht auf Listenplatz vierzehn seiner Partei – und ziemlich genau so viele Sitze werden den Bündnisgrünen derzeit auch prognostiziert. Und wenn´s nicht klappt? "Ich glaube, ich würde mir schon erst mal eine Auszeit gönnen. Ich kann Ihnen sagen, die Zeit in Brüssel war schon sehr anstrengend und ist es auch immer noch", meint Nienaß. Aber ganz aufhören mit der Politik, das wolle er dann doch nicht, wenn´s schiefgehen sollte mit Brüssel.