Gericht: Stadtarchivarin zu Unrecht gekündigt
Zuerst war es nur eine fristlose Kündigung, dann weitete sich der Fall der Stadtarchivarin Regina Nehmzow zu einem handfesten Skandal um die verschimmelten Bücher im Stralsunder Stadtarchiv aus. Im vergangenen Jahr waren Tausende historische Bände der Stralsunder Gymnasialbibliothek verkauft worden, was auf breite Kritik stieß. Die Geschichte um den umstrittenen Bücherverkauf und dessen spätere Rückabwicklung machte bundesweit Schlagzeilen - und ging vor Gericht. Nach ihrer fristlosen Kündigung im Dezember 2012 klagte Nehmzow auf Wiedereinstellung.
Stadt ist "überrascht"
Am Dienstag gab das Arbeitsgericht Stralsund ihrer Kündigungsschutzklage statt. Damit ist die Kündigung der Direktorin des Stralsunder Stadtarchives unwirksam. Die Stadt Stralsund prüft ob sie gegen eine verlorene Kündigungs-Schutz-Klage Berufung einlegt. Die Stadtverwaltung sprach von einem "überraschenden Urteil", zunächst wolle man aber die Schriftliche Begründung abwarten.
Gericht: Allenfalls Abmahnung
Allenfalls eine Abmahnung oder eine Änderungskündigung wäre der rechte Weg gewesen, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Bei seiner Entscheidung hatte das Gericht die Pflichtverletzungen der Archivleiterin berücksichtigt. Die Stadt hatte ihr vorgeworfen, unerlaubt Bücher verkauft zu haben und sie daraufhin entlassen. Zudem hatte die Stadt Nehmzow vorgeworfen, nicht auf den Schimmelbefall der Bücher hingewiesen zu haben.
Nehmzow wies Vorwürfe zurück
Die Klägerin hatte sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen. Sie habe, wie auch schon ihr Vorgänger, lediglich Doubletten, also doppelt vorhandene Bücher, veräußert. Nur auf diese Weise habe das Archiv der Hansestadt Stralsund überhaupt das notwendige Geld für den Erwerb dessen erlöst, was eigentlich gesammelt werden sollte: nämlich Bücher aus Pommern, sogenannte Pommerania.
Posten schon an jemanden anderen vergeben
Nach Ansicht des Gerichts ist niemand ohne Fehler gewesen. Die Archivleiterin sei von der Stadt alleingelassen worden. Sie habe in bester Absicht gehandelt. Gegen Nehmzow hatte die Stadt zwischenzeitlich Strafanzeige gestellt und ihren Posten bereits an jemand anderen vergeben. Der sollte eigentlich Anfang November als neuer Direktor des Stralsunder Stadtarchives vorgestellt werden. Die Stadt kann gegen das Urteil Berufung einlegen.