Wohnen im Tourismus-Hotspot: Rügen und Usedom fordern bezahlbare Mieten
Die sechs Gemeinden im Amt Mönchgut-Granitz auf Rügen wollen mit Wohnraumerhaltungssatzungen die Zunahme von Ferienquartieren stoppen. Auf einer Einwohnerversammlung ging es am Dienstagabend um bezahlbaren Mietwohnraum.
An mehreren touristischen Orten in Mecklenburg-Vorpommern ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Im Ostseebad Göhren auf Rügen, die zum Amt Mönchgut-Granitz gehört, haben Einwohnerinnen und Einwohner am Dienstagabend über das Problem gesprochen. Konkret ging es dabei um bezahlbaren Mietwohnraum.
35.000 Ferienbetten bei 7.700 Einwohnerinnen und Einwohnern
Abgesehen von Göhren gehören auch die Ostseebäder Baabe, Sellin und Mönchgut sowie die Gemeinden Lancken-Granitz und Zirkow zum Amt Mönchgut-Granitz. 170 Interessierte waren zu der Veranstaltung in der Nordperdhalle in Göhren gekommen. Im Podium saßen der Bauamtsleiter, Vertreterinnen und Vertreter des Landkreises Vorpommern-Rügen, der Gemeinde, ein Jurist und ein Planer. Sie brachten das Publikum zunächst auf den Stand der Dinge. Auf die rund 7.700 Einwohnenden kommen im gesamten Amt Mönchgut-Granitz etwa 35.000 Ferienbetten. Die hohe Nachfrage nach Ferienquartieren treibe die Mietpreise in die Höhe. Aktuell liege der Quadratmeterpreis in der Region bei 11,12 Euro. Eine junge Frau beteuerte, dass sie nach Sellin ziehen würde, wenn sie eine Mietwohnung fände. Ihr wurde gesagt, dass in Sellin 140 neue Mietwohnungen entstehen sollen, sie also eine Perspektive habe.
Gemeinden wollen mehr Zugriff auf Wohnungen
Die Gemeinden bemühen sich eigenen Angaben nach auch darum, eigene Wohnungen zu bauen. Denn die Erfahrung zeige, dass es sehr schwer zu kontrollieren sei, ob Wohnungen tatsächlich als Mietwohnungen genutzt würden oder nur Zweitwohnsitz sind. Es gebe wunderschöne Häuser im Amt Mönchgut-Granitz, in denen nur ein paar Wochen im Jahr jemand wohnen würde. Um dies zu regulieren, müssten allerdings auf Bundesebene Gesetze geschaffen werden, die Zweitwohnen ganz klar von normalem Mietwohnen unterscheiden. Diese gebe es so bereits in Österreich oder der Schweiz. Um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum entgegenzuwirken, bringen die sechs Gemeinden des Amtes gerade sogenannte Wohnraumerhaltungssatzungen auf den Weg. Damit wollen sie Einfluss auf den Verkauf von Wohnungen bekommen, um zu verhindern, dass daraus Ferienwohnungen gemacht werden.
Hunderte illegale Ferienwohnungen
Ein großer Treiber des Wohnraummangels in touristischen Regionen seien auch illegal genutzte Mietwohnungen, die als Ferienwohnungen vermarktet werden. Der Landkreis Vorpommern-Rügen bearbeite aktuell hunderte Anzeigen. Diese Verfahren, so hieß es, würden immer mit der Anhörung der Eigentümerinnen und Eigentümer beginnen und dann oft in Rechtsstreitigkeiten münden, die Jahre dauerten.
Probleme gehen über Rügen hinaus
Auch das Ostseebad Heringsdorf auf Usedom hat mit einem Ungleichgewicht zwischen Wohnungen für Einheimische und Wohnungen für Besucherinnen und Besucher zu kämpfen. "Wir haben 8.400 Einwohnerinnen und Einwohner und wir haben über 20.000 touristische Betten, wir gehen schon an die 30.000. Das heißt, das ist jetzt schon eine immense Schräglage", beschreibt die Bürgermeisterin Laura Isabelle Marisken (parteilos) dem NDR Nordmagazin die Situation. "Gäbe es die rechtliche Möglichkeit, einen touristischen Bettenstopp zu verhängen, dann würde ich sofort sagen ja", ergänzt Marisken. Anfang April lagen bei der kommunalen Wohnungsgesellschaft des Ostseebades 230 Anfragen, Leerstand gab es aber keinen.
Stolpe auf Usedom als Vorreiter bei Wohnraumerhaltung
Aähnliches Bild in der Gemeinde Stolpe auf Usedom: Auch hier sei der Wohnraum knapp, sagt deren Bürgermeister Falko Beitz (SPD) bei NDR MV Live. In den vergangenen Jahren seien dort immer mehr Ferienwohnungen und Zweitwohnsitze entstanden. Schon im Jahr 2020 wurde daher in Stolpe eine Wohnraumerhaltungssatzung etabliert. "Umwandlung, Umnutzung und sogar Abriss sind seitdem bei uns genehmigungspflichtig", erläutert Beitz. Die Umnutzungsanträge habe man dann mehrheitlich abgelehnt, wodurch dort seither kein Wohnraum mehr in Ferienwohnraum umgewandelt worden sei. Allerdings helfe es nichts, wenn nur einzelne Gemeinden in einem touristischen Ballungsgebiet solche Regelungen aufstellen, so Beitz weiter. Um die Rechte der Einwohnerinnen und Einwohner zu stärken, müssten die Kommunen zusammenarbeiten.