Wasserstoffkraftwerk Rostock: Neuer Energieversorger?
Das Thema Wasserstoff ist aktueller denn je. Am Mittwoch verabschiedete die Bundesregierung ihre neue Wasserstoffstrategie. Neun Milliarden Euro aus dem Corona-Konjunkturpaket sollen dafür genutzt werden. In Rostock-Laage wurde gerade das europaweit größte ans Netz gekoppelte Wasserstoffkraftwerk der Firma Apex Energy eröffnet. Die NDR Info Perspektiven haben sich mit der Bedeutung von Wasserstoff für die Zukunft beschäftigt.
Von Außen sieht das Kraftwerk recht unscheinbar aus: ein Gebäude, lediglich so groß wie ein Schiffscontainer. Hier soll Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff umgewandelt werden, wie Peter Sponholz, der technische Leiter des Betreibers Apex Energy, erklärt. Das Gas sei ein Speichermedium für grünen Strom: "Das heißt, dass wir aus erneuerbaren Energien Wasserstoff herstellen und dann unseren Kunden erneuerbaren Strom, erneuerbare Wärme und erneuerbare oder grüne Mobilität anbieten."
Anlage Rostock setzt auf Ausbau erneuerbarer Energien
Die Anlage ist für Sponholz ein wichtiger Beitrag zur Energiewende. Denn sie kann überschüssigen Strom speichern - wenn bei Sturm zum Beispiel zu viel Windstrom produziert wird. In wind- und sonnenarmen Zeiten steht diese Energie dann als Wasserstoff bereit. Allerdings soll das Kraftwerk in Rostock-Laage nicht nur mit überschüssigem Strom arbeiten: "Solche Wasserstoffanlagen werden sich nicht rechnen, wenn man nur den überschüssigen Strom nimmt. Man muss darauf setzen, dass erneuerbare Energien insgesamt ausgebaut werden. Und so rechnen wir auch unsere Anlage. Wir setzen auch darauf, dass wir rund um die Uhr erneuerbaren Strom zur Verfügung haben."
Hoher Energieverlust bei Herstellung von Wasserstoff
Deshalb überlegt der Betreiber, eigene Photovoltaikanlagen für das Wasserstoffkraftwerk zu bauen. Problematisch ist bei der Nutzung von Wasserstoff auch der sogenannte Wirkungsgrad. Er liegt gerade einmal bei 30 Prozent. Das heißt: Etwa 70 Prozent der Energie gehen bei der Umwandlung von Strom zu Wasserstoff und dann wieder zu Strom verloren. Das sei das größte Problem, so Harald Weber von der Universität Rostock. Er ist Professor am Institut für Elektrische Energietechnik. Für die Zukunft geht er aber von einer Steigerung des Wirkungsgrades aus.
Wichtiger Schritt für Umstieg auf andere Energieformen
Ein wichtiger Punkt sei das genutzte Material beim Umwandlungsprozess. "Je nachdem, welche Fortschritte man in der Materialforschung macht, wird man den Wirkungsgrad erhöhen können." Zum Vergleich führt Weber den Wirkungsgrad in einem Kohlekraftwerk an: "Momentan hat man bei einem thermodynamischen Prozess, in dem Kohle als Energie verwendet wird, einen Wirkungsgrad von 40 Prozent." Für Weber steht aber fest, dass das Zeitalter der fossilen Energien zu Ende geht. "Zum einen verursacht der Abbau fossiler Energieträger immer mehr Umweltzerstörung. Zum anderen erzeugen wir Kohlendioxid, was den Treibhauseffekt befeuert und bei uns zu Dürren und zu anderen Schäden führt." Weber hält einen Umstieg auf andere Energieformen für unumgänglich. Das Projekt bei Rostock sei ein wichtiger Schritt: "Die Anlage ist natürlich eine mutige Anlage, weil sie ja in einer Zeit errichtet wird, wo sie für den Wasserstoff noch gar keine richtige Abnahme hat."
Apex-Wasserstoffkraftwerk: Automobilzulieferer könnte erster Kunde sein
Vorerst versorgt Apex seine eigenen Betriebe mit Strom aus dem Wasserstoffkraftwerk. Später soll auch das angrenzende Industriegebiet mit Strom beliefert werden. Bisher gibt es dafür aber noch keine Kunden. Großes Interesse hat aber ein Automobilzulieferer, der sich in Rostock-Laage ansiedeln möchte. Die Einzelteile in der Produktion sollen CO2-neutral hergestellt werden. Wie teuer der Strom aus dem Wasserstoffkraftwerk sein wird, kann der Betreiber noch nicht sagen. Generell müsse die Anlage zuerst in der Praxis ausprobiert werden, sagt Apex. Auch wenn jetzt die Eröffnung gefeiert wird, dauert es noch bis zum Herbst, bis die Anlage in Betrieb geht, denn die Corona-Pandemie hat beim Bau zu Lieferengpässen und Verzögerungen geführt.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass der Wirkungsgrad bei der Herstellung von Wasserstoff bei 30 Prozent liegt. Dies wurde jetzt berichtigt.