Vorwürfe: Setzt Backhaus missliebige Landwirte unter Druck?
Agrarminister Till Backhaus (SPD) soll einem Landwirt nach einer Demonstration eine unangekündigte Betriebskontrolle auf den Hof geschickt haben. Der Minister weist die Vorwürfe zurück.
Anfang September südlich von Rostock: Am Rande einer Bürgerversammlung demonstrieren einige Landwirte gegen die Agrarpolitik des Landes. Sie fahren mit ihren Traktoren auf. Auf einem Plakat steht in roter Schrift: "Stirbt der Bauer, stirbt das Land". Sie beschweren sich, dass Agrarflächen eher an große Unternehmen gehen würden und kleine Betriebe leer ausgingen. Ihren Protest richten sie gegen Agrarminister Till Backhaus (SPD), der an der Versammlung teilnimmt.
Wortgefecht mit Minister
Backhaus geht auf das Grüppchen zu. Robert Hartmann (Name v. d. Redaktion geändert) liefert sich ein Wortgefecht mit dem Minister. Das sei schon deutlich gewesen, meint der Landwirt im Gespräch mit dem NDR. Backhaus habe ihm und den anderen vorgeworfen, von den "Blauen" zu sein, was nicht stimme. Man habe einfach nur mal reden wollen über die Dinge, die nicht richtig laufen. Der Minister habe sogar Hilfe zugesagt und Telefonnummern und Namen notiert und abends kurz angerufen, um sich für die heftigen Worte zu entschuldigen.
„Das ist kein Zufall“
Am nächsten Tag habe sich erst das Büro des Ministers gemeldet und dann habe auch ein Mitarbeiter des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt (StaLU), eine Behörde die Backhaus direkt untersteht, nach Einzelheiten zu seinem Betrieb gefragt. Das alles sei nicht ohne Grund gewesen, vermutet Hartmann. "Vierzehn Tage später habe ich dann eine unangekündigte Flächenkontrolle gehabt, und das ist kein Zufall, das ist kein Zufall, normalerweise, wenn eine Landkontrolle kommt, dann melden die sich drei Tage vorher an."
Backhaus: Ordne keine Überprüfungen an
Das sei alles nicht rechtens, meint der Landwirt. Der Minister könne nicht einfach "seine Leute" für Kontrollen losschicken. Backhaus erinnert sich an den Vorfall. Er bestätigt, dass er auf die demonstrierenden Landwirte zugegangen ist. Er habe sich auch Namen und Telefonnummern notiert, um zu helfen. Einen Vorwurf weist Backhaus zurück: "Hier wird ja manchmal in den Raum gestellt, ich würde irgendwelche Betriebskontrollen veranlassen, weil man sich mal scharf angesprochen hat. Das mache ich generell nicht. Betriebsüberprüfungen ordne ich nicht an."
Keine Nachteile für den demonstrierenden Landwirt?
Ihm gehe es um die Sache, so Backhaus. Und da sei wichtig, dass der Landwirt seine Anträge auf Fördermittel korrekt gestellt hat. Wenn das erfolgt sei, so der Minister, habe er Anspruch auf die Gelder. Hartmann fürchtet jetzt dennoch, Fördermittel für die Flächen zu verlieren, weil er gegen Backhaus demonstriert hat. "Das geht an die Existenz", meinte er. Auf die NDR MV Nachfrage bei Backhaus, ob er dem Mann Ärger mache wolle, erfolgt ein dreifaches Nein: "Absolut nicht, absolut nicht, absolut nicht, bin doch froh über jeden, der hier Landwirtschaft betreibt."
Streit mit CDU-Mann Diener geht weiter
Der Bauer habe sich sogar dafür bedankt, sagte der Minister, "dass ich ihn abends noch angerufen habe. So bin ich eben." Soll heißen: ein Minister, der sich kümmert. Es gibt Menschen, die Backhaus anders kennen. Der CDU-Abgeordnete Thomas Diener zum Beispiel, der behauptet, der Minister habe ihm gedroht, seinen Betrieb dichtmachen zu lassen. Passiert sein soll das während des Bauerntags auf der Agrarmesse MeLa vor knapp vier Wochen. Da gerieten die beiden politischen Widersacher in Bierzelt-Stimmung aneinander. Dieners Fraktion verlangte ein Eingreifen von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die ihren Minister zur Ordnung rufen müsse. Diener verlangte eine Entschuldigung.
Backhaus beauftragt Berliner Kanzlei
Weil das nicht erfolgte, engagierte der CDU-Abgeordnete einen renommierten Hamburger Anwalt. Der wollte Backhaus per Unterlassungserklärung abmahnen. Die Frist dafür lief an diesem Mittwoch um 12 Uhr ab. Backhaus unterzeichnete nicht: "Ich kann für Dinge, die ich nicht gesagt habe, keine Unterlassungserklärung abgeben", sagte der SPD-Politiker. Der Minister, der in drei Wochen sein 26-jähriges Dienstjubiläum feiert, hat jetzt selbst Anwälte beauftragt, die Dieners Vorwürfe und die Medienberichterstattung dazu unter die Lupe nehmen sollen.
Landet der Konflikt vor Gericht?
Backhaus ist dafür mit einer Berliner Kanzlei im Geschäft, die zu den renommiertesten der Republik im Bereich Medien- und Presserecht gehört. Die Kosten trägt vermutlich der Steuerzahler. Über die Höhe konnte das Ministerium noch keine Angaben machen. "Das hängt auch davon ab, ob die Angelegenheit gerichtlich verfolgt wird und welche Seite in einem Gerichtsverfahren obsiegen würde", teilte eine Sprecherin mit. Es deutet sich eine längere Auseinandersetzung an.