Überraschung in Neubrandenburg: Neue Chance für Regenbogenflagge
Die Regenbogenflagge könnte schon im November wieder am Neubrandenburger Bahnhof wehen. Der Unternehmer und Stadtvertreter Tim Großmüller (Stabile Bürger NB) hat einen Vorschlag im Streit darum angekündigt.
Überraschender Sinneswandel in Neubrandenburg: Nachdem Stadtvertreter Tim Großmüller den Anstoß zum Verbot der Regenbogenflagge am Bahnhof der Vier-Tore-Stadt gegeben hatte, hat er seinen Kolleginnen und Kollegen nun offenbar einen neuen Vorschlag bezüglich der Flagge unterbreitet. Demnach solle die Regenbogenflagge abwechselnd mit der Deutschland-Flagge gehisst werden. Darüber könnte auf der nächsten Sitzung der Stadtvertretung im November abgestimmt werden.
Großmüller: Ziel Oberbürgermeister zu stürzen erreicht
Großmüller sagte NDR MV, sein Ziel sei gewesen, dass Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) "geht". "Das haben wir erreicht", behauptet Großmüller. Der 46-jährige Witt hatte seinen Rücktritt an dem Tag erklärt, nachdem die Stadtvertretung den Beschluss gefasst hatte, dass die Regenbogenflagge am Bahnhof der Stadt nicht mehr gezeigt werden darf. Nun wolle Großmüller dazu beitragen, die Spaltung der Neubrandenburger Gesellschaft wieder abzumildern, so der Stadtvertreter der Wählergemeinschaft Stabile Bürger NB. Ein Befürworter der Regenbogenflagge sei er aber trotzdem nicht. Denn diese stehe aus seiner Sicht für "die Sexualisierung der Kinder". Zuvor hatten Kunden seines Fitnessstudios ihren Vertrag gekündigt und ihr Unverständnis für seine Probleme mit der Flagge zum Ausdruck gebracht. Großmüller war vor fünf Jahren mit einem Bauprojekt in Neubrandenburg gescheitert. Das von ihm gekaufte Grasland wurde aus Gründen des Naturschutzes nicht in Bauland umgewandelt. Die Schuld für sein Scheitern gab er Oberbürgermeister Witt und seiner Verwaltung.
Regenbogenflagge mehrfach gestohlen und ersetzt
Ursprünglich begründete Großmüller seinen Vorstoß in der Stadtvertretersitzung mit Straftaten, die mehrfach dazu geführt hatten, dass bisher unbekannte Täter die Regenbogenflagge am Bahnhof durch Fahnen mit nationalsozialistischer Symbolik ersetzten. Des weiteren sollten grundsätzlich nur Bundes- und Landesflaggen oder andere "landestypische" Flaggen gehisst werden, hieß es. Großmüller forderte zudem, das Stadtwappen nicht mehr in Verbindung mit der Regenbogenflagge zu nutzen.
Großdemo für die Regenbogenflagge
Als Reaktion hatten sich am Donnerstagabend nach Angaben der Polizei mehr als tausend Menschen vor dem Neubrandenburger Rathaus versammelt, um für "queere Sichtbarkeit" zu demonstrieren. Dazu hatte unter anderem der Verein "queerNB" aufgerufen. Die Organisatoren sprachen von etwa 1.300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Vor einer Woche hatte die Stadtvertretung Neubrandenburg beschlossen, das Hissen der Regenbogenflagge vor dem Bahnhof der Stadt zu verbieten. Die Regenbogenfahne gilt unter anderem als Symbol für Vielfalt, Toleranz und die vielfältige queere Gemeinschaft.
Applaus für OB Silvio Witt
Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) bekam Applaus, als er vor den Demonstranten sagte, die Regenbogenflagge stehe in Neubrandenburg nicht nur für Toleranz und Vielfalt, sondern auch für Demokratie. Der Beschluss stelle einen Rückschritt dar und werfe ein negatives Schlaglicht auf die Stadt, das sie nicht verdient habe. Witt hatte am Tag nach dem Beschluss der im Juni neu gewählten Stadtvertretung seinen Rücktritt zu Ende Mai 2025 angekündigt. Witt ist seit 2015 im Amt und lebt offen homosexuell.