Spediteur aus Pragsdorf verzweifelt an Bürokratie

Stand: 07.02.2024 17:50 Uhr

Die Bürokratie in Deutschland lässt Unternehmen verzweifeln. Ein Spediteur aus Pragsdorf bei Neubrandenburg muss wochenlang auf Genehmigungen für Transporte warten.

von Claudia Arlt

Eigentlich könnte der Mähdrescher in Kruckow bei Demmin im Ganzen aufgeladen werden. Die Maschine soll nach Sachsen-Anhalt, ist verkauft an einen Gebrauchtmaschinenhändler. Das würde Ringo Lange viel Arbeit ersparen. Doch das geht nicht. Die Maschine ist 3,30 Meter breit. Für ihren Transport durch drei Bundesländer braucht er eine Genehmigung. Beantragt hat die Firma Lange Transport GmbH das Papier vor vier Wochen.

Zeitaufwendiger Rückbau als Lösung

Die Genehmigung ist noch nicht da. Die Maschine muss aber weg und deshalb bleibt Ringo Lange nichts anderes übrig, als den Mähdrescher rückzubauen auf eine Breite von 3 Metern. Nur so kommt er bis nach Sachsen-Anhalt: Raupenfahrwerke ab, Räder ab, Tritt, Spiegel - mehrere Stunden Arbeit, bevor es losgehen kann.

Unterschiedliche Vorgaben und Auflagen

Sein Vater Rüdiger Lange hat das Unternehmen vor 33 Jahren in Pragsdorf gegründet und sich auf Schwerlasttransporte spezialisiert. Der 58-Jährige ist zunehmend genervt von der Bürokratie. Land- und Forstmaschinen sind immer größer geworden. Er braucht immer mehr Sondergenehmigungen. In Deutschland sind dafür die einzelnen Länder zuständig. Auch für die Organisation ihrer Behörden. Es gelten unterschiedliche Vorgaben und Auflagen. So dürfen in Mecklenburg-Vorpommern Rüdiger Lange und seine 13 Mitarbeiter breitere Maschinen transportieren als in Niedersachsen.

Viele Behörden für eine Genehmigung

Dazu kommt, dass für eine Sondergenehmigung auch andere Behörden gehört werden müssen: Straßenbaulastträger, Bahn, Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, Polizei. "Jede Behörde hat 14 Tage Zeit", erklärt Marcus Kort. Er sitzt im Büro und kümmert sich um die Genehmigungen, weil Rüdiger Lange einfach nicht mehr die Kraft dafür hat. "Momentan bin ich der Sache nicht mehr gewachsen und hab die Nerven nicht mehr dafür", gesteht Lange.

Bauern brauchen schnelle Hilfe

Marcus Kort sagt, er wartet bis zu drei Monate auf Genehmigungen. Telefonisch sei es schwierig, jemanden zu erreichen. Deshalb schreibt er regelmäßig Erinnerungsmails an die zuständigen Behörden und bittet um die Bearbeitung von Anträgen. "Wenn wir im Sommer einen Landwirt haben, dem platzt der Motor vom Mähdrescher auf dem Acker, das Ding kriegt man vielleicht gerade auf den Tieflader. Aber Erntezeit ist nur ein kurzer Zeitraum, dann möchte der Bauer schnelle Hilfe haben und wenn ich ihm sag, ich brauche aber drei Wochen, bis ich den Mähdrescher holen kann, dann sagt er, ich fahre allein los", schildert Kort.

Sondergenehmigungen in Nachbarländern

Er holt aus einem dicken Ordner ein Blatt Papier - die Sondergenehmigung für Polen. Die gelte ein Jahr lang für den gesamten Fuhrpark der Langes und für das gesamte Land, erklärt er. Auch Österreich und Dänemark erteilten eine Genehmigung für das ganze Land mit einer Gültigkeit von einem Jahr. Hierzulande bekommt die Firma in den einzelnen Bundesländern zeitlich befristete Genehmigungen.

Bund und Länder wollen Genehmigungsprozesse beschleunigen

Der NDR fragt beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr nach, ob Erleichterungen für die Wirtschaft geplant sind. Von dort heißt es: "Die Bundesregierung und die Länder setzen sich gemeinsam für eine effizientere und schnellere Genehmigungspraxis ein. Mit dem Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung vom 6. November 2023 werden Bund und Länder künftig eng zusammenarbeiten, um die Genehmigungsprozesse auch für Schwerlasttransporte weiter zu beschleunigen und zu vereinfachen. In einer Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr sollen Maßnahmen erarbeitet werden, die Länder und Bund gleichermaßen betreffen."

Regierung weit weg von den Problemen

"Schwerlastverkehr ist nicht erwünscht", so sieht es Rüdiger Lange. Denn viele Brücken und Straßen sind marode. Er muss teilweise die dreifache Strecke fahren, um solche Bauwerke zu umfahren. Deshalb findet er es ungerecht, dass er seit Dezember mehr Maut zahlen muss, das Geld aber auch in den Ausbau der Bahn gesteckt wird. "Wir müssen unsere Dienstleistung auf der Straße erbringen. Und das Geld wird dafür verwendet. Das können wir beim besten Willen nicht verstehen."

Er hat den Eindruck, dass die Regierung weit weg ist von seinen Problemen. Deshalb hat er sich an Protesten in Neubrandenburg und Berlin beteiligt. Sein Sohn Ringo Lange ist in Kruckow nach drei Stunden harter Arbeit endlich abfahrtbereit - noch fünf Stunden Fahrt bis nach Sachsen-Anhalt. Morgen Früh dann wieder alles abladen und zusammenbauen. Weil die Genehmigung wieder einmal nicht schnell genug da ist.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 07.02.2024 | 19:30 Uhr

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