"Seele des Dorfes" in Schutt und Asche: Neuanfang in Groß Strömkendorf
Im Oktober 2022 brannte in Groß Strömkendorf bei Wismar das ehemalige Hotel Schäfereck nieder - durch Brandstiftung. Es war zuletzt als Unterkunft für ukrainische Flüchtlinge genutzt worden. Das Gebäude an der Straße auf die Insel Poel galt als Wahrzeichen des Ortes. Die Ereignisse von damals wirken bis heute nach.
Er ist nicht zu übersehen: ein riesiger Haufen Steine und Bauschutt. Zusammengeschoben genau auf der Fläche, wo einst das hübsche reetgedeckte Fachwerkhaus stand - das Hotel Schäfereck in Groß Strömkendorf. Ein altes Sofa, eine kleine Milchkanne, eine Schreibtischlampe, Stühle: Sie erinnern noch an die guten Zeiten. Die sind seit sieben Monaten vorbei. Im Oktober 2022 brannte der Dachstuhl lichterloh, später dann das ganze Haus. Die Ursache: Brandstiftung.
"Da steckt sehr viel Herzblut drin"
Nur ein namenloser roter Streuner ist geblieben. Der Kater war gefühlt schon immer hier, sagen die Einwohner. Seit dem Brand ist er noch zutraulicher. Sie füttern ihn, eine kleine Hütte auf dem Parkplatz hat er auch. Besitzer Jürgen Lenz hatte das Hotel einst übernommen und erweitert. Zehn Jahre hat er daran gebaut. Durch das Feuer sei sein Lebenswerk zerstört, sagt er. "Da steckt sehr viel Herzblut drin, natürlich schmerzt es." Deshalb kommt der Eigentümer auch nicht mehr nach Groß Strömkendorf. Den Anblick kann er nicht ertragen.
Wahrzeichen des Ortes auch bei Urlaubern beliebt
Auch den Anwohnern fällt das schwer. Das Hotel Schäfereck war das Wahrzeichen des Ortes direkt am Eingang zur Insel Poel. Einheimische, Urlauber, Anwohner aus der Region - viele kehrten hier ein. Vor allem die Ente im Winter sei beliebt gewesen, erinnern sich die Einwohner.
"Es war schön, dass es so was im Dorf gab"
Wir treffen drei Frauen im Dorf. Sie begleiten unser Kamerateam zu dem, was noch übrig ist vom Schäfereck. Den Namen habe das Hotel von dem Schafstall gegenüber, sagt Gundula Fierke. Ihr Mann sei dort Schäfer gewesen, sagt sie. Sie wohnen auf der anderen Straßenseite. Sie selbst verbinde viele Erinnerungen mit dem Hotel. Die erste Feier in dem damaligen Neubau, die habe sie dort gefeiert. Es war die Jugendweihe ihres Sohnes. "Alle haben hier gefeiert", sagt sie. "Es war schön, dass es so was im Dorf gab."
Wird das Hotel in Groß Strömkendorf verkauft?
Ob genau an diesem Platz in Groß Strömkendorf wieder gefeiert wird, das ist noch ungewiss. Der Verkauf ist geplant. Interessenten für das Grundstück und den vom Feuer verschonten Neubau gebe es wohl, heißt es vom Verwalter des Grundstücks. Der Besitzer Jürgen Lenz selbst möchte das Haus nicht mehr aufbauen. "Ich denke eher an Rente", sagt er. Deshalb erhalte er von der Versicherung auch nicht den vollen Wert erstattet. Nur den, den das Grundstück vor dem Brand hatte. Den sogenannten Zeitwert. Wie viel das ist, möchte er nicht sagen.
"Wir wissen nicht, wie es weitergeht"
"Die Seele des Dorfes" - so beschreiben die Strömkendorfer ihr Schäfereck. Christin Tramm hat dort geputzt, damals in ihrer Jugend - als Ferienjob. Nun sucht die Gemeindevertreterin der Gemeinde Blowatz nach Antworten. "Wir wissen nichts", sagt sie. "Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Momentan wird auch der Bauschutt nicht mehr abgeholt." Aber das sei okay, sagt die junge Frau. Jeder habe sein Päckchen zu tragen.
Probleme mit dem Bauschutt
Das trägt momentan wohl auch die Abrissfirma. Sie wird den brandbelasteten Bauschutt nicht los. Die letzte Fuhre sei vor Ostern weggegangen, aber danach wiedergekommen. Die Deponien wollten den Schutt nicht annehmen. Sondermüll sei es aber nicht, heißt es vom Verwalter. Eine Lösung werde sich finden. Die Kosten für den Abriss des Hotels Schäfereck übernimmt die Versicherung des Besitzers. Auf einem Sperrkonto liegt die Vorauszahlung. Auch diese Summe behält Jürgen Lenz für sich.
Ein Schandfleck - äußerlich und auch innerlich
"Ein Makel bleibt erhalten, auch wenn ein neues Haus stehen wird. Wir bleiben das Dorf der Schande", sagt der Bürgermeister der Gemeinde Blowatz, Tino Schmidt (SPD). Was er damit meint? Kurz nach dem Brandanschlag spekulierten Medien und Politiker über eine rechte Motivation. Zum Zeitpunkt des Brandes wurde das Schäfereck als Flüchtlingsunterkunft genutzt. An dem Tag im Oktober 2022 waren noch 14 Menschen aus der Ukraine dort untergebracht. Sie blieben unverletzt. Ein paar Tage zuvor prangte ein großes rotes Hakenkreuz im Eingangsbereich des Hotels. Schnell wurde das Dorf in die rechte Ecke gestellt, verurteilt.
Falsche Anschuldigen, die hängen geblieben sind
"Wir möchten eine Entschuldigung für all die bösen Worte - öffentlich von den Menschen und Medien, die uns verurteilt haben", sagt Einwohnerin Gundula Richter. Auch sieben Monate nach dem Brand lassen sie die Anschuldigungen nicht los. "Das ganze Dorf hat geholfen als die Flüchtlinge kamen", sagt sie. "Wir haben auch unseren Stolz." Ihr Blick geht traurig Richtung Schutthaufen. In der Vergangenheit fühlte es sich für sie auch innerlich so an. Gundula Richter hofft nun auf einen Aufbau. Sie wünscht sich wieder Gastronomie, endlich wieder einen Ort, an dem das Dorf zusammenkommen kann.