Sechslinge in Kargow: Gutes Jahr für Storchennachwuchs in MV
Die ehrenamtlichen Storchenschützer rechnen im Schnitt mit zwei Jungtieren pro besetztem Horst. In diesem Jahr waren die Brutbedingungen nahezu optimal. Das feuchte Wetter sorgt für viel Nahrung.
Stefan Kroll freut sich. Der Rostocker Professor leitet ehrenamtlich die Arbeitsgruppe zum Schutz der Weißstörche. Noch hat er nicht alle Zahlen aus den Regionen zusammen, noch werden Jungtiere gezählt und beringt, aber ein Aufwärtstrend sei schon jetzt erkennbar. Kroll ist zuversichtlich: Das wird ein gutes Storchenjahr. "Ein gutes Jahr ist ein Jahr mit überdurchschnittlichem Bruterfolg. Das heißt, dass 1,8 Jungstörche pro Brutpaar groß werden. Ich vermute, dass am Ende auch da der Gesamtwert liegt". In den vergangenen Jahren haben im Schnitt 1,3 Tiere den Horst gesund verlassen. Den angestrebten Wert von 2,0 hat es zuletzt 2008 gegeben. Dieses Ziel werden die Storchenschützer in diesem Jahr wohl nicht erreichen. Ein endgültiges Ergebnis liegt aber erst im November zum Landesstorchentag vor.
Nahezu optimale Bedingungen für Nachwuchs
Stefan Kroll hebt hervor, dass erwachsene Störche in diesem Jahr besonders früh aus ihren Winterquartieren zurückgekehrt sind, teilweise bereits im Februar. "Das ist ganz entscheidend für den Bruterfolg. Je früher der Storch hier bei uns eintrifft, umso besser passt es mit dem Nahrungsangebot. Wir hatten den frühesten Einflug seit 2014". Einen positiven Einfluss hatte laut Kroll auch das feuchte Frühjahr und der viele Regen im Frühsommer. "Es gab zu jeder Zeit Regenwürmer. Das haben wir in den ganzen letzten Jahren mit starken Dürreperioden überhaupt nicht gehabt". Von diesen guten Bedingungen hat der Nachwuchs in diesem Jahr profitiert. In der Vergangenheit wurden immer wieder Küken aus dem Nest geworfen, weil das Futter für alle Jungtiere nicht ausreichte.
Sensation in Kargow
In diesem Jahr haben auffallend viele Storchenpaare vier und mehr Eier ausgebrütet. Es gibt auch einige Horste mit Fünflingen im Nest, etwa in Mühlenbeck bei Schwerin. Einmalig im Land ist die Situation in Kargow, einem Dorf bei Waren an der Müritz (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte). Dort sind in einem Nest sechs junge Störche flügge geworden. Hans-Dieter Graf zählt die Brut im Altkreis Waren und das nun schon seit 1967. So lange ist er ehrenamtlicher Storchenbetreuer in dieser Region. Er hat die Sechslinge von Anfang an mit seiner Kamera fotografisch dokumentiert. "Es ist ein Erlebnis. Das hat man im Leben wohl nur einmal. Und wenn man so etwas erleben kann, ist man überglücklich". Zuletzt wurden in Mecklenburg-Vorpommern 1999 Sechslinge unter Störchen registriert, und zwar in Schwichtenberg am Galenbecker See.
Mehr Brutpaare als im vergangenen Jahr
Landesweit sind in diesem Jahr zwischen 700 und 800 Horste besetzt, schätzen die ehrenamtlichen Storchenschützer. Sie sind in allen Regionen des Landes aktiv. Und so zeigt sich, dass es landesweit einen kleinen Zuwachs an Brutpaaren gibt, im Vergleich zum vergangenen Jahr. Das ist laut Stefan Kroll aber nicht in allen Regionen so. Im Bereich Ludwigslust-Parchim verzeichnen die Naturschützer ein kleines Minus, auch in der Region Rostock. Im Osten des Landes, also Richtung Vorpommern, wurden in diesem Jahr mehr Paare gezählt als zuletzt.
Storchenschützer wünschen guten Flug
Stefan Kroll und sein Team wünschen nun allen Jungstörchen, dass sie kräftig genug sind, um ihre Flugübungen zu machen. Aktuell gab es verschiedenste Fälle, in denen der Nachwuchs zu früh aus dem Nest abgeflogen oder von einer Böe herausgeweht worden ist. "Und dann wünsche ich allen jungen Störchen einen guten ersten Zug in die Überwinterungsgebiete". Auf dem Weg dorthin lauern einige Gefahren.
Todesfalle Strommast
In Bulgarien beispielsweise gibt es noch viele ungesicherte Strommasten "Dort bemüht man sich, diese zu entschärfen. Aber das ist noch nicht flächendeckend passiert. Da sterben leider jedes Jahr in größerer Anzahl auch Jungstörche. Das wissen wir und das ist sehr traurig". Für Stefan Kroll ist es eine internationale Aufgabe für den Storchenschutz, dass diese und weitere Gefahrenquellen beseitigt werden. In einigen Ländern, etwa in Afrika, werden Weißstörche auch geschossen und gegessen.