Schildbürgerstreich? Parkplatz ohne WC für 2,6 Millionen Euro auf Rügen
Ein asphaltiertes Ärgernis für Autofahrer auf Rügen: An der B96n, der Hauptverkehrsader der Tourismusinsel, entstand ein Parkplatz für 2,6 Millionen Euro - leider ohne Tische, Bänke oder Toiletten. Die Straßenbaubehörde des Landes prüft jetzt, ob nachgerüstet wird.
Erste Pause auf der Insel Rügen: Wer Deutschlands größte Insel nach einer langen Fahrt erreicht, findet seit einem Monat an der B96n eine Möglichkeit zum Stopp, bevor es in die Ostseebäder geht. 2,6 Millionen Euro flossen in den Bau des Rastplatzes. Er wurde acht Jahre nach Fertigstellung der Straße eröffnet.
"Keine Toiletten, kein Tisch, keine Bank, gar nichts"
Doch die minimalistische Ausstattung sorgt für Unmut bei Autofahrern und in der Kommunalpolitik. Mathias Löttge, Chef der Kreistagsfraktion Bürger für Vorpommern-Rügen / Freie Wähler / Für Rügen, hält diesen Parkplatz für inakzeptabel. "Ich halte den Parkplatz für einen einzigen Schildbürgerstreich. Wir haben viel Asphalt. Es fehlt aber an der für einen Parkplatz üblichen Infrastruktur. Wir haben keine Toiletten hier. Wir haben auch nicht mal eine Möglichkeit, um sich ein bisschen auszuruhen. Kein Tisch, keine Bank, gar nichts. Also ein solcher Parkplatz auf der Insel Rügen für Fernfahrer, aber auch für Touristen ist für mich vollkommen unsensibel und absolut inakzeptabel."
Auch Lkw-Fahrer wenig überzeugt
Lkw-Fahrer sollen laut DEGES den Parkplatz nutzen können, um dort ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten. Brummi-Fahrer Dirk Miethke, der nach viereinhalb Stunden seine vorgeschriebene Pause einlegt, fällt ein eindeutiges Urteil: "Dieser Rastplatz ist das Allerletzte", sagt er. "Es ist sehr schlecht hier. Keine Toiletten, kein Garnichts. Entweder musst du alles dabei haben oder gehst in die Büsche." Aber Büsche gibt es an diesem Parkplatz nicht. Das dringende Bedürfnis erledigen Autofahrer im Sichtschutz des Fahrzeugs oder im Graben.
ADAC: Regelkonform, aber benutzerunfreundlich
Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES), die den Parkplatz mit Bundesmitteln errichten ließ, betont: Der Parkplatz und dessen Ausstattung seien entsprechend den verbindlichen Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses errichtet. Dem stimmt auch der ADAC zu. Nur an autobahnähnlichen Bundesstraßen müssten Rastanlagen standardmäßig mit einem WC-Gebäude ausgestattet werden. Die B96n auf Rügen sei nicht autobahnähnlich ausgebaut, eine Toilettenanlage deshalb nicht zwingend. "Es sollte allerdings gewährleistet sein, dass genügend WCs vorhanden sind. Bei dem Parkplatz auf Rügen ist eben dies nicht der Fall und so sind Autofahrer gezwungen, sich im Grünen zu erleichtern", so ein ADAC-Sprecher.
Landesbehörde prüft Nachrüstung, Kosten noch nicht bezifferbar
Da inzwischen die Verkehrsfreigabe des Parkplatzes und damit die Übergabe in die Zuständigkeit der Straßenbauverwaltung des Landes erfolgte, sieht sich die DEGES für Nachbesserungen nicht verantwortlich. Im zuständigen Landesamt für Straßenbau und Verkehr hält man sich bedeckt. "Derzeit wird geprüft, ob und in welcher Form auf der Parkanlage Toiletten errichtet werden können", so ein Behördensprecher. Die Kosten dafür seien noch nicht bezifferbar.
Umfrage: 70 Prozent der Autofahrer nutzen Zwischenstopp für Toilettengang
Der Kommunalpolitiker Mathias Löttge fordert Nachbesserungen - und zwar zügig: ein paar Tische, Bänke und vor allem Toiletten, auch wenn es zu Beginn vielleicht nur Dixi-Toiletten sind, so sein Vorschlag. Dieser Parkplatz in seinem jetzigen Zustand passe nicht zu einer Tourismusinsel wie Rügen mit starkem Verkehrsaufkommen. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im vergangenen Jahr unter 2.000 Menschen ergab: Nach dem Tanken ist an einer Autobahnraststätte der Toilettenbesuch mit knapp 70 Prozent der häufigste Grund für einen Halt - weit vor dem Restaurantbesuch oder dem Kauf von Reiseproviant.