VIDEO: Pistorius in Rostock: Teilfläche des Marinearsenals für Zulieferer-Ansiedlung frei (8 Min)

Rostock: Teil des Marinearsenals für Zuliefer-Ansiedlung frei

Stand: 21.09.2023 15:44 Uhr

In Rostock-Warnemünde sollen künftig Konverterplattformen für den Ausbau von Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee gebaut werden. Dafür hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius eine Fläche des Marinearsenals zur zivilen Nutzung freigegeben.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat grünes Licht für eine privatwirtschaftliche Nutzung von Teilen des Geländes des Marinearsenals in Rostock-Warnemünde gegeben. Nach monatelangen Gesprächen ist der Weg somit frei für den Bau von Konverterplattformen in Rostock. Neben dem belgischen Stahlbauunternehmen Smulders hatte auch die deutsche Meyer-Gruppe aus dem niedersächsischen Papenburg Interesse an der Nutzung dieser Flächen angemeldet. Meyer baut in Warnemünde in der Neptun-Werft unter anderem Flusskreuzfahrtschiffe. Sowohl bei Meyer und Smulders als auch seitens der Bundeswehr habe es Kompromissbereitschaft gegeben, so Pistorius. Pistorius sprach von einer "Win-Win-Situation" für die zivilen Nutzer und die Marine.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld Foto: Kay Nietfeld
AUDIO: Verteidigungsminister Pistorius besucht Marinearsenal in Rostock (1 Min)

Pistorius: "Bis Ende Oktober werden letzte Feinheiten geregelt"

Klar wurde während des Besuchs von Pistorius, dass die Bundeswehr das Gelände nicht veräußern, sondern lediglich verpachten will. Die vertragliche Nutzungsdauer soll 15 Jahre mit einer Rückgabeverabredung betragen. Laut Pistorius stünden die Gespräche kurz vor dem Abschluss. "Bis Ende Oktober werden letzte Feinheiten geregelt. Smulders und andere können zufrieden sein mit dem Ergebnis, haben Vorteile von der Verabredung, die wir treffen werden", so Pistorius.

Hoffnung auf hunderte Arbeitsplätze

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) sprach von einer "sehr erfreulichen Botschaft" für Rostock und den Wirtschaftsstandort MV. Aufgrund der nun möglichen Produktion von Offshore-Konverterplattformen könnten zahlreiche neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern entstehen. Je nach Konfiguration sei mit 300 bis 500 Arbeitsplätzen zu rechnen. Auch die IG Metall begrüßte die Entscheidung. "Die monatelange Hängepartie ist vorbei und der Weg für gute Arbeitsplätze in der Zukunftsindustrie Offshore frei", so Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste. Für den Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz ergibt sich mit der Entscheidung nach eigenen Angaben eine weitere Option, den Stahlbau für Konverterplattformen innerhalb Europas vergeben zu können. "Das stärkt die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der europäischen Industrie und führt zu mehr Effizienz in der Umsetzung solcher, aus vielen technischen Komponenten bestehender, komplexer Projekte", sagte der Vorsitzender der Geschäftsführung, Stefan Kapferer.

Gespräche über finanzielle Förderungen

Die Bundeswehr hatte das Gelände der früheren Warnow- und späteren MV-Werft vergangenen Sommer übernommen. Auf einer Teilfläche warten und reparieren rund 500 Mitarbeiter die Schiffe der Marine. Der südlichen Teil ist bislang ungenutzt, da die gesamte Fläche derzeit nicht schwerlasttauglich ist und auch die Kaikante komplett erneuert werden muss. Dort sollte ursprünglich ein NATO-Materiallager entstehen. Pistorius betonte, dass die Ansiedlung dieses "Deploy-Hubs" von der heutigen Entscheidung unberührt bleibe. Die Sanierung des Areals könnte Jahre dauern und Millioneninvestitionen erfordern. Dem Wirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommerns, Reinhard Meyer (SPD), zufolge befindet sich die Landesregierung aktuell in Gesprächen über finanzielle Förderungen, um potenzielle Pächter zu unterstützen. Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung macht sich seit einem Jahr für eine Industrieansiedlung an dem Standort in Rostock stark.

Industrieanlagen auf See

Nordic-Plattform ausgedockt © NDR Foto: Carsten Klehn
Schon Mitte der 2010er-Jahre wurden in Rostock Konverter-Plattformen von den damaligen Nordic-Werften hergestellt.

Konverterplattformen fungieren als Netzanbindungssysteme für Windparks. Sie bündeln den dort produzierten Strom und schicken ihn per Kabel an Land. Bei großen Entfernungen zur Küste wird der Windstrom meistens von Wechsel- in Gleichstrom gewandelt - das macht ein Konverter. Die Industrieanlagen stehen auf einem Stahlgerüst im Meer. Das Fundament einer Plattform wird bis zu 60 Meter tief in den Boden gerammt. Das Gerüst ragt über 20 Meter aus dem Wasser. Darauf steht eine Halle, etwa 70 Meter lang, 35 Meter breit und 30 Meter hoch, mit der benötigten Technik, um den Strom umzuwandeln und Richtung Land zu transportieren. Zudem gehört zu jeder Plattform ein Hubschrauberlandeplatz.

Hoher Bedarf an Konvertplattformen

Aktuell gibt es rund 1.500 Windräder in Nord- und Ostsee. Der Bund hat Anfang des Jahres weitere Flächen ausgewiesen, um die derzeit installierte Offshore-Leistung von 8,1 Gigawatt bis 2030 auf 30 Gigawatt zu steigern - beinahe eine Vervierfachung. Das Bundeswirtschaftsministerium hat großes Interesse an Konverterplattformen aus deutscher Produktion. Es heißt, mindestens 20 Plattformen werden zwischen 2030 bis 2045 allein für deutsche Windparks auf See benötigt. Kostenpunkt: zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro pro Stück. Entwicklungs- und Bauzeit jeweils: etwa vier Jahre. Abnehmer für die Plattformen auf dem deutschen Markt wären die vier großen Netzbetreiber: Amprion, 50hertz, Tennet und Transnet BW.

Eventuell noch Jahre bis zum Baustart

Der Baustart in Rostock könnte allerdings auf sich warten lassen: Neben der Nutzbarmachung der potenziellen Produktionsfläche ist der Lärmschutz eine Hürde. Hier müssen Gutachten noch zeigen, ob eine Produktion mit ihrem zusätzlichen Lärmaufkommen, neben dem schon jetzt laufenden Betrieb der Neptun-Werft und dem Marinearsenal, überhaupt genehmigungsfähig ist.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 21.09.2023 | 16:10 Uhr

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