Regenfakten vom Wetterstudio Hiddensee
Die wichtigsten Regenfakten, zusammengefasst von Stefan Kreibohm, Meteorologe im NDR-Wetterstudio auf Hiddensee.
Ist es nur ein Gefühl oder regnet es in diesem Jahr bislang wirklich extrem wenig?
Das Gefühl trügt ein wenig, denn die Trockenheit setzte erst im Mai ein. Der März brachte 120 bis 160 Prozent Niederschlag vom Mittelwert, der April auch in weiten Landesteilen etwas über 100 Prozent, an der Küste schon teilweise weniger. Im Mai war es dann erheblich anders, meist zwischen 3 und 30 Prozent des Mittelwertes.
Warum fällt gerade kein Niederschlag?
Die Wetterlage hat sich im beginnenden Frühling immer mehr zu einer sogenannten „Blockadelage“ umgestellt. Das heißt, dass sich auf dem Atlantik ein kräftiges Hoch etabliert hat, wo gewöhnlich Tiefs liegen, die uns mit feuchter Atlantikluft versorgen und wechselhafte Witterung zur Folge haben, wo es immer wieder regnet. Das Hoch verhindert dies und lenkt stattdessen trockenere Luft aus Skandinavien und Osteuropa zu uns, oft Polarluft, die wenig Feuchtigkeit enthält.
Wann genau hat es wo das letzte Mal geregnet? Wieviel Niederschlag kam dort runter?
Regional gab es zuletzt am 23. Mai 2023 kräftige Regenfälle. In Roggenhagen im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte fiel knapp 21 l/m² Niederschlag, aber es gab auch viele Orte, an denen es trocken blieb. Das ist typisch für Schauerwetter. Aktuell wurden nur in Marnitz am 8. Juni 2023 magere 2,1 l/m2 gemessen.
Wo hat es seit Jahresbeginn bislang am meisten geregnet?
Am meisten geregnet hat es in Parchim mit 282 l/m², gefolgt von Marnitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim) mit 279 l/m² und Krakow am See (Landkreis Rostock) mit 276 l/m². Am wenigsten geregnet hat es bislang in Neetzow (Landkreis Vorpommern-Greifswald) 147 l/m² und ca. 165 l/m² auf Hiddensee und Poel. Grob gesagt war der Westen und Südwesten Mecklenburgs in Sachen Niederschlag bevorzugt, Ausnahme ist hier die Küste, etwa von Poel bis Vorpommern und Ostmecklenburg hatte weniger Niederschlag.
Zur Einordnung: wo steht MV bei den Niederschlagszahlen 2023 im Vergleich zur Vergangenheit?
Hier beziehe ich mich zunächst auf Schwerin, weil es die längste Klimareihe hat und durchaus repräsentativ für MV steht, besonders für das Binnenland. In dieser Reihe liegt 2023, betrachtet man die Monate Januar bis Juni mit 255 l/m² auf Platz 82 von 128 Jahren. Die Eckdaten: trockenstes erstes Halbjahr (Platz 128) war 1942 mit 145 l/m². Am nassesten (Platz 1) war es 1983 mit 446 l/m². Da der Juni 2023 ja noch nicht zu Ende ist, kann sich der Platz noch verbessern, in Richtung nass. Für die Küste exemplarisch Putbus, auch mit langer Messreihe: Hier war 2007 (Platz 1) das nasseste erste Halbjahr mit 459 l/m², das trockenste das Jahr 1871 mit 147 l/m². 2023 liegt in dieser Messreihe gerade auf Platz 87 von 131.
Wie viel Regenwasser fehlt gerade in der Landschaft, um das Defizit ausgleichen zu können?
Da es bis in den April hinein einen leichten Überschuss gab, ist das Defizit nicht besonders groß, es liegt bei 30 l/m² im Flächenmittel.
Seit wann baut sich wegen der vergangenen trockenen Jahre ein Defizit aus?
2022 gab es ein Defizit von ca. 80 l/m² im Landesmittel, 2021 hingegen einen fast gleich großen Überschuss. 2020 war etwas zu trocken, 2019 bot einen leichten Überschuss. Und so ergibt sich rein rechnerisch mit dem Jahr 2022 und dem ersten Halbjahr 2023 ein Defizit von 110 l/m².