Neonazis siedeln gerne im Nordosten
Nirgends siedeln so viele Neonazis wie in Mecklenburg-Vorpommern. Das schreibt die Extremismus-Expertin Andrea Röpke in ihrem neuen Buch "Gefährlich verankert", das sie im Auftrag der Schweriner SPD-Landtagsfraktion geschrieben hat. Am Donnerstag wurde das Buch im Beisein von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) in Schwerin vorgestellt.
Braune Siedler mit bürgerlicher Fassade
Die braunen Siedler gäben sich einen bürgerlichen Anstrich, seien schwer zu erkennen. Die Frauen laufen in langen Röcken herum, die Männer in Zimmermannshosen, sie machen in Öko-Landbau und pflegen hinter einer Aussteiger-Fassade rechtsradikales Gedankengut. Dazu gehörten Mitglieder der Arier-Sekte "Artgemeinschaft", die Bewegung der "Neo-Artamanen", NPD-Anhänger aus den Ballungsgebieten oder auch völkische Rechte, die die eigene Scholle bewirtschaften wollten.
Neue Strukturen sind schwer zu durchschauen
Klischeehafte Bilder wie der Skinhead mit Springerstiefeln träfen immer weniger zu, schreibt Röpke: "Organisierte Menschen mit rassistischem Weltbild tarnen sich durch Normalität innerhalb einer Gesellschaft voller Alltagsressentiments." NPD-Politiker trügen heute gut sitzende Anzüge, viele rechte Frauen moderne Piercings oder traditionelle Zopffrisuren. Die Kinder besuchten Waldorf-Kindergärten, die Eltern kauften Biolebensmittel. Die Organisationsstrukturen befänden sich im Wandel, zunehmend entstünden nebulöse Strukturen, die schwer zu durchschauen seien.
Raum Güstrow besonders betroffen
Die braunen Siedler konzentrieren sich unter anderem im Raum Güstrow, wo bereits 2007 von über einem Dutzend "nationaler Familien" mit etwa 60 Kindern ausgegangen worden sei. "Inzwischen dürfte die Zahl um einiges angestiegen sein", schreibt Röpke. Im Jahr 2010 hatten Rechtsextremisten den Bürgermeister von Lalendorf bedroht, weil dieser sich weigerte, einer nach Experteneinschätzung rechtsradikalen Familie die Patenschaftsurkunde des Bundespräsidenten für ihr siebentes Kind zu überreichen.
Verfassungsschutz klärt zu wenig auf
Ansiedlungen von Anhängern der rassistischen "Artgemeinschaft" gibt es Röpke zufolge auch bei Ludwigslust, Bad Doberan, Grevesmühlen und in der Region Ostvorpommern. Dem Verfassungsschutz wirft die Autorin vor, die Entwicklung seit Jahren zu verharmlosen - obwohl sich die Idee des gemeinsamen Siedelns weiter verbreite.
Schwesig: Gesellschaft muss wachsamer sein
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Nieszery sagte, mit dem Buch solle keine Panik verbreitet werden. Dem rechtsextremen Treiben stünden starke bürgerschaftliche, politische und staatliche Strukturen gegenüber. Die aus Schwerin stammende Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte, Röpke zeige mit ihrem Buch, dass die Gesellschaft im Kampf gegen Rechtsextremisten wachsamer denn je sein müsse.